Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
97. Jahresband.2017
Seite: 396
(PDF, 82 MB)
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396 Wolfgang M. Gall, Carmen Lötsch

meinsames kollektives Gedächtnis „erarbeitet", das nicht von
Heldenmythen geprägt ist, sondern in hohem Maße auch von
einer kollektiven Schuld. Bis heute gibt es keinen Stillstand in
der Aufarbeitung dieses dunklen Kapitels deutscher Geschichtsschreibung
. Und nur so ist auch zu erklären, dass die NS-Zeit
noch immer im gesellschaftlichen Gedächtnis aktuell ist. Die
gegenwärtigen Formen der Erinnerungskultur sind in der Auseinandersetzung
mit den beiden genannten Generationen
entstanden. Sie haben bis heute Gültigkeit. Allerdings reichen
sie alleine nicht mehr aus, denn zwei weiteren Gruppen müssen
wir Zugang zum Stadtgedächtnis geben. Sie brauchen u. U.
andere Zugänge und sie werden mit Sicherheit andere Fragen
stellen, anders gewichten und anders interpretieren als es die
Menschen vor ihnen taten.

Die dritte und vierte Generation: Übersättigung
oder Engagement?

Im Gegensatz zu der zweiten Generation, den Söhnen und
Töchtern der Kriegs- und Vorkriegsgeneration, die noch einen
persönlichen, familiären Bezug zur NS-Zeit haben und von den
familiären Traditionen stark geprägt waren, stellt sich die erinnerungspolitische
Ausgangsposition der dritten und vierten
Generation (Enkel, Urenkel) doch anders dar. Hier gibt es eine
zunehmende zeitliche Distanz zum Nationalsozialismus und
das Fehlen einer als persönlich erlebten, familiären Betroffenheit
.

Das Wissen wird daher weniger über das Familiengedächtnis
vermittelt als kulturell über Schule und Öffentlichkeit und vielleicht
sogar in vielen Fällen durch die Medien (TV-History-For-
mate). Jungen Deutschen fehlt heute der emotionale Zugang der
Betroffenen. Die Geschichte des Nationalsozialismus hat mittlerweile
wenig mit dem eigenen emotionalen Bezugssystem zu
tun. Nicht zuletzt deshalb fordert ein Teil der jungen Generation
vehement und mit großem Selbstbewusstsein einen
„Schlussstrich" zu ziehen. Die Gleichgültigkeit gegenüber der
NS-Zeit geht nicht selten auch mit dem Gefühl der Übersättigung
einher.

Diese Beobachtung trifft allerdings nur auf einen Teil der
dritten und vierten Generation zu. Ein anderer Teil hat großes
Interesse an einer Aufarbeitung der Vergangenheit. Das zeigt
auch das Engagement bei Gedenkprojekten, in der Gedenkstättenarbeit
und anderen Formen der Erinnerungskultur. Mitentscheidend
für das persönliche Engagement ist die individuelle
Ansprache der Jugendlichen.


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