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440 Sabine Bengel
eines elsässischen Museums, ist Mitglied des Vereins der
Freunde des alten Straßburgs (heute Societe des Amis du Vieux
Strasbourg) sowie der Stockfeld-Gartenstadtvereinigung, die
ihn 1909 in ihre Jury beruft. Die Gartenstadt Stockfeld wird in
den Jahren 1910/14 am südlichen Rand Straßburgs für die
durch den großen Straßendurchbruch (Grande Percee) notwendig
gewordene Umsiedlung von 460 Familien gebaut. In den
Jahren 1903 bis 1906 wird unter Johann Knauths Leitung die
Martinskirche in Colmar restauriert. Dabei werden auch die
Fundamente eines Pfeilers erneuert.18 Knauth kann dabei auf
Arbeitskräfte der Bauhütte zurückgreifen. Im Auftrag der Stadtverwaltung
Straßburg arbeitet er ein ehrgeiziges Museumsprojekt
aus, das die städtischen Sammlungen in den zu vergrößernden
Gebäuden der Stiftsverwaltung und des Rohanschlos-
ses räumlich zusammenfassen soll. Doch letztlich wird dieses
Vorhaben nicht realisiert.19 Seine Ernennung zum Dombaumeister
am 1. April 1905 wird groß gefeiert - unter anderem
mit einem nächtlichem Fackelzug und einer Prozession von
Steinmetzen.20 Ein auf der Aussichtsplattform des Münsters
aufgenommenes, undatiertes Foto könnte anlässlich dieser offiziellen
Amtsübernahme entstanden sein. Es zeigt Johann
Knauth in schwarzer Weste umgeben von den Mitarbeitern
und Lehrlingen der Bauhütte (Abb. 4). Erste Akzente setzt er mit
dem Einbau der Heizung und der Errichtung eines bemerkenswerten
Anbaus in spätgotischen Formen an der Nordseite des
Langhauses, der als Windfang dient. Auch führt er die von
Ludwig Arntz begonnenen Erneuerungsarbeiten der berühmten
Westfassade fort. So lässt er den großen skulpturengeschmückten
Giebel über dem Hauptportal abnehmen und
durch eine Kopie ersetzen (Abb. 5). Weitere, wichtige mittelalterliche
Bildwerke - wie die Skulpturen der Ecclesia und Synagoge
vom Südportal und die Standfiguren vom Laurentiusportal
- ersetzt er durch Sandsteinkopien, um die Originale vor der
Verwitterung zu schützen. Sein Hauptverdienst ist jedoch die
Rettung des Münsterturmes vor einer sich abzeichnenden Einsturzkatastrophe
.
Die Pfeilerbaustelle
Schon im Jahr 1903 bemerkt Johann Knauth das Zerdrücken
der Steinlagen des ersten nördlichen Langhauspfeilers (Abb. 6).
Dies zeigt sich durch Risse, die auch auf gerade erst ausgetauschten
Steinen auftreten (Abb. 7). Das Szenario eines Einsturzes
steht den Zeitgenossen durch den Zusammenbruch des
99 Meter hohen Turmes der Sankt Markus Basilika in Venedig
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