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Berichte der Mitgliedergruppen 509
Auch den Ende September erschienenen 96. Jahresband der Vereinszeitschrift
„Die Ortenau" bereichert wieder ein Aufsatz aus Schiltach
. Historiker Hans Harter befasst sich darin mit einem bedeutenden
Technologie-Transfer aus dem heimischen Schwarzwald nach Österreich
-Ungarn. Unter der Leitung des Schiltacher Floßmeisters Abraham
Koch machten sich Flößer aus dem Kinzig- und Wolftal in den 1860er
Jahren auf die weite Reise nach Niederösterreich, um mit Hilfe der
Schwarzwälder Floßtechnik den Alpenfluss Ybbs floßbar zu machen und
damit die gewaltigen Holzvorkommen jener Region wirtschaftlich nutzen
zu können. Aber das Knowhow der Schwarzwälder war auch in
anderen Regionen der Monarchie gefragt, so gelangten badische Flößer
auch nach Ungarn, nach Siebenbürgen, ja selbst in Galizien, dem westlichen
Teil der heutigen Ukraine, sind ihre Spuren nachzuweisen. Harter
beschreibt die Einrichtung der Gestörflößerei, die wirtschaftlichen Risiken
und Gefahren, aber auch die Kritik an der Ausbeutung der Holzvorkommen
sowie Schicksale der beteiligten Kinzig- und Wolftäler. Auszüge
aus Briefen und Dokumenten geben einen authentischen Einblick
in die raue Lebenswelt jener frühen Technologie-Experten.
Zur letzten Vortragsveranstaltung dieses Jahres war es dem Initiativkreis
und der VHS gelungen, wieder Prof. Konrad Kunze aus Freiburg,
einen anerkannten Experten für alte Sprachen und Literatur nach Schiltach
einzuladen. Schon 2012 und 2014 fand er hier ein begeistertes
Publikum vor. Dieses Mal beschäftigte sich der aus der Dialekt- und
Namensforschung bekannte Wissenschaftler mit dem mittelalterlichen
Heldenepos „Nibelungenlied", dessen Faszination sich weniger durch
das Lesen erschließt, sondern vielmehr durch das Vortragen und Hören
in moderner Übersetzung, ergänzt durch Zitate in der ursprünglichen
mittelhochdeutschen Sprachvariante. Auch gesungene Kostproben fehlten
nicht. Kunze gelang es im Handumdrehen, das Publikum, das wiederum
aus dem ganzen Kinzigtal und darüber hinaus angereist war, in
die mittelalterliche Welt von Siegfried, Hagen, Kriemhild & Co. mitzunehmen
und einen imposanten Rahmen für dieses Heldenepos zu
schaffen. Er unterstrich, dass das Werk in sich nicht schlüssig, sondern
eher verworren sei, die Dichtung „hinten und vorne nicht aufgehe".
Abb 7: Bereits zum
dritten Mal begeisterte
Prof. Kunze seine
Zuhörer in Schiltach
(Foto: R. Mahn)
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