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20 Karl Volk
Textsorte widerspiegelt, was die sog. Kleinen Leute gesehen
haben, dokumentiert sie zugleich, was jene nicht gesehen
haben.
Postkarten von 1900 bis 1914
geben die heitere Stimmung der Vorkriegszeit wieder. Sie spiegeln
freilich nicht das ganze Leben. Zweifelsfrei bleibt, dass die
Menschen einigen Humor hatten und die Gelegenheiten zu
fröhlichem Austausch nutzten. Auf kleinen Höfen wurde
durchaus Gastlichkeit gepflegt. Man freute sich ganz einfach
des Lebens. Mit dieser Fröhlichkeit war es dann auf Jahre hinaus
vorbei. Wie etwa die vielen politischen Krisen oder die
kriegerischen Reden des Kaisers beispielsweise an Stammtischen
aufgenommen wurden: wir wissen es nicht. Erzählt
wurde noch meiner Generation, dass ein Kleinwüchsiger in
Tränen ausgebrochen war, weil man ihm vor 1914 erklärt hatte,
er könne nicht Soldat werden. Aufschlussreich ist dies schon.
„Die schimmernde Wehr" muss für junge Männer eine unwiderstehliche
Attraktion gewesen sein.
Lassen wir einige schriftfeste Beispiele folgen.
Anton Läufers Mutter, Maria Anna, erhielt im Mai 1900 eine
Karte von einem Gefreiten der Reserve aus Offenburg, namens
Volk, der womöglich gar nicht verwandt war. Die drei Minibilder
gaben mehr Informationen als der kurze Gruß. Es war
Werbung für das schöne Soldatenleben. Das erste Bild ist überschrieben
: „Auf dem Marsche" - man sieht eine Abteilung
Soldaten, voraus einer hoch zu Ross, ein Soldat führt das Ross,
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