http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2018/0042
Kriegsende und Neubeginn in der „Provinz" 1917-1919: Das Beispiel Schiltach
Darauf deutet zumindest hin, dass die „Volksküche" vom
1. August 1917 bis 1. Dezember 1917 pausierte. Mit Obst war
die Region dagegen vergleichsweise gut versorgt. Dafür sorgte
im August 1918 auch ein weitgehendes Verbot des Verkaufs an
Auswärtige.14 Gemeinsam mit den „Volksküchen" hat das
1918/19 sicher zu den vergleichsweise glimpflichen Auswirkungen
des massenhaften Ausbruchs der „Spanischen Grippe"
in Schiltach beigetragen.
Kriegserlebnis und Kriegsfinanzierung
Vom eigentlichen Krieg mit all seinen Opfern, den Schützengräben
, dem ohrenbetäubenden Lärm der Waffen, den Lazaretten
, Tod und Verletzungen sah man hierzulande wenig. Neben
den regelmäßigen Meldungen vom „Heldentod" in den Zeitungen
blieb das Leiden und Sterben merkwürdig fern. Selbst
wenn man die Zeitungen aufschlug, schien eine ausgesprochene
Distanz zwischen Kriegsgeschehen und Heimatgeschehen
vermittelt zu werden.15
Das lange Funktionieren der Durchhaltepropaganda ist erstaunlich
. Eine Vergleichsstudie aus Aachen und Osnabrück16
zum Umfeld der Kriegstoten verdeutlicht, dass über die ganze
Zeit des Ersten Weltkriegs die Zahl der von Todesfällen betroffenen
Familien stets nur eine Minderheit ausmachte. Erweitert
man aber die Zahl der betroffenen Familienangehörigen vom
engeren Kreis der Familie (Eltern, Partner, Kinder) auf einen
„erweiterten Trauerkreis" von je etwa 30 Personen, dann
herrschte jedoch durchgehend ein Verlusterleben. Überträgt
man diesen Befund nun auf das Land mit seinen noch engeren
Verwandtschaftsverhältnissen, dann ist davon auszugehen,
dass hier die Betroffenheit über Kriegsverluste spürbarer war als
in den Städten - und das dauerhaft über die Zeit des Kriegs.
Die allgegenwärtige Durchhaltebotschaft wurde nicht zuletzt
spielerisch vermittelt. Am 7. Oktober 1914 entstand in
Schiltach eine „Jugendwehr".17 Durch Förderung der „sittlichen
, geistigen und körperlichen Kräfte" sollte sie auf die „Anforderungen
und Anstrengungen des Heeresdienstes" vorbereiten
, um so „junge Helden" für die „in vielen Schlachten siegreiche
Truppe" zu erziehen.18 Schon vor dem Militärdienst wurden
junge Schiltacher zu militärischem Gehorsam gedrängt.
Dies geschah u. a. durch Kriegsstrategiespiele, wie bei der „Jugendwehrtagung
" 1915, als Wolf ach und Schiltach gegeneinander
antraten. Letztlich sollte die „Jugendwehr" nicht nur die
militärische Ausbildung verkürzen, sondern auch die Jugend
zu einer besser formbaren Masse machen.
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