http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2018/0048
Kriegsende und Neubeginn in der „Provinz" 1917-1919: Das Beispiel Schiltach
j
i
UHRENFABRIKEN
BRUDER JUNGHANS &
^ K,^flHHHHHBflBH^HHHHHHHHiHHBHHilHHflB
TELEGRAMM-ADRESSE: JUMG HANS SCHRÄM BERG • TELEFON N91-72-90
POSTSCHECK- KONTO: W474 STUTTGART
SCHRÄM BERG_ift-ti ift- 191
MITTEILUNG
Ho r -m G hr i s t i: n\foi l hl <) r
Schilt ao-h
ÄP^EILUNG 42
BEI rWORT ANGEBEN
i
c
Die gegenwärtige Lage, verursacht durch teilweisen Materialmangel
und demnächst zu "befürchtenden Kohlenmangel,zwingt uns zu weitgehendsten
Betriebseinschränkungen und sehen wir uns leider veranlasst Ihnen hiermit
unser gegenwärtiges Arbeitsverhältnis auf ^?^JTü^erilD 1918.
zu kündigen.
In Anbetracht der in den allernächsten Tagen zu erwartenden Bahn—
sperre für Zivilpersonen würden wir uns mit einem sofortigen Austritt
einverstanden erklären. \
Bei sofortigem Austritt wird die Heimreise von der Firma vergütet.
m/ jf. - /4 Z". > fldiHfllr Jun^ans A.-Q.
4 V
JiT.B, Wir empfehlen Ihnen gegenwärtiges Schreiben Ihrer Heimatbehörde
gegenüber als Ausweis zu benützen.
1918
sperren. Schon am 12. Dezember vermeldete Schiltach elf Ar- Abb. 7: Entlassung
beitslose, während gerade einmal vier Wochen zuvor noch Ar- Christian Bühlers^
beitskräftemangel geherrscht hatte. Gleichzeitig beklagten da
Karlin, Korndörfer und Co. wie bereits Junghans regelmäßige
Arbeitsausfälle wegen Rohstoffmangels.30
Jetzt forderte das Bezirksamt die Verwaltung zu öffentlich
geförderten Notstandsarbeiten auf. Geld und auch Arbeitsmaterialien
waren aber nicht vorhanden. Stattdessen wuchs die
auszuzahlende Arbeitslosenunterstützung. Betrug sie im November
1918 noch 46,99 Mark, erreichte sie im April 1919 mit
1446,93 Mark ihren vorläufigen Höhepunkt.
Um die Belange der Arbeitssuchenden kümmerte sich ab
dem 22. November 1918 ein Erwerbslosenfürsorgeausschuss -
ein Zeichen stärkerer Mitbestimmung der Arbeiterschaft in der
Republik. Dem Ausschuss gehörten vier Vertreter der Arbeiterschaft
(Jakob Esslinger, Georg Faißt, Wilhelm Bühler, Johannes
Schneider) und vier Vertreter der Firmen Heinzelmann, Karlin,
Korndörfer und Hans Grohe an. Dazu kam der bürgerliche Bürgermeister
Wolpert als Vorsitzender - mitten in der Revolution
entstand ein Gremium, in dem die Bürgerlichen gegenüber der
gerade an die politische Macht in Berlin und Karlsruhe getretene
Arbeiterschaft die Mehrheit besaßen. Eine paritätische
Zusammensetzung sicherte im Endeffekt durch die Stimme des
Bürgermeisters den bisherigen Eliten große Entscheidungsgewalt
. Dieser Schiltacher Erwerbslosenfürsorgeausschuss hatte
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2018/0048