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Kriegsende und Neubeginn in der „Provinz" 1917-1919: Das Beispiel Schiltach
Abb. 11: Nach dem
Schellen der Glocke
wurden die Veränderungen
der Revolution
verkündet
Ende 1919 bzw. Anfang 1920 kamen über die Durchgangslager
Gießen und Offenburg die letzten Schiltacher Kriegsgefangenen
heim. Die Geburtenzahlen stiegen wieder. Die Kriegsfolgen
beschäftigten die Schiltacher aber noch lang. Stellvertretend
für viele Schicksale sei der Kriegsbeschädigte Christian
Bühler erwähnt. Anfang 1920 wurde er aus dem Reservelazarett
Ettlingen entlassen, sein kompletter rechter Arm war amputiert
. Eine Rückkehr an seinen Arbeitsplatz bei Karlin war
ausgeschlossen. Bürgermeister Wolpert setzte sich dennoch für
eine neue Beschäftigung bei dem Tuchhersteller ein. Die neue
Arbeit muss sich aber als zu schwer erwiesen haben, weshalb
Bühler 1921 eine Anstellung als Schrankenwärter suchte. Die
Konkurrenz für solche körperlich nicht ganz so anstrengenden
Aufgaben war bei dem verbreiteten Leid groß. Geregelte und
vor allem erfüllende Arbeit bekamen solche Opfer des Kriegs
kaum noch.
Bilanz
Die angeblich „gute, alte Zeit" bis 1914 strahlte nach dem verlorenen
Krieg im Rückblick heller, als sie tatsächlich je gewesen
ist. So mochte das Ende der Monarchie in Schiltach weniger
mit Konflikten verbunden gewesen sein als anderswo,47 die
Fundamente der Demokratie gestalteten sich hier ähnlich brüchig
. Selbst wenn es die in den Aufzeichnungen nirgendwo
belegbare Euphorie des Neubeginns gegeben haben sollte, wich
sie rasch einer Ernüchterung. Der Pragmatismus aller Beteiligten
bei der Lösung drängender Probleme kann nicht darüber
hinwegtäuschen, dass jenseits dieser konkreten Fragen eine
grundlegende Erneuerung nicht gefragt war. Der Schwarzwald
war eben weder ein Gestaltungsort der Revolution aus sich
selbst heraus, noch erfuhr dieser Gedanke aus den Zentren der
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