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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
98. Jahresband.2018
Seite: 60
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Andreas Klotz

Reaktion auf diese Straftaten forderte der Redakteur und Verleger
Heinrich Roger den Magistrat auf, für die Gründung einer
„Bürger- und Grundstücksbesitzerwache" zu sorgen. Das Bezirksamt
schloss sich der Forderung nach der Bildung einer
Organisation, welche für „Ruhe und Ordnung" sorgen sollte,
an. Der Gemeinderat erklärte sein Einverständnis zu diesem
Vorschlag und richtete eine Volkswehr unter der Führung von
Gustav Roger13 ein. Die Volkswehr umfasste 500 Mann. Sie
mussten von den Betrieben abgestellt werden, was für diese
nicht ganz ohne Probleme war, da sie auf ihre Arbeitskraft
verzichten mussten. Ende des Jahres 1918 benötigte man die
Volkswehr nicht mehr, sodass sie vom Gemeinderat aufgelöst
wurde.

Ein weiteres Problem bestand im unrechtmäßigen Besitz von
Materialien der heimkehrenden Soldaten. Deshalb wurden die
Bürger in einer Bekanntmachung des Bezirksamtes Bühl vom
2. Januar 1919 aufgefordert, jegliches Heeresgut wie Waffen,
Munition, Pferde, Flugmaterial sowie „Geräte aller Art" bis
19. Januar 1919 an das Bürgermeisteramt in Bühl abzuliefern.
Bei Nichtbeachtung dieser Verordnung drohte eine „Gefängnisstrafe
bis zu 5 Jahren" bzw. eine „Geldstrafe bis zu einhunderttausend
Mark".14 Auch der Bühler Soldatenrat drohte in einer
eigenen Bekanntmachung vom 7. Januar 1919 diese Strafe an.

Trotz der Diebstahlsproblematik und des unbefugten Besitzes
von Wehrmachtsmaterial wäre es falsch zu sagen, dass die
Wirren der Nachkriegszeit vom Herbst bzw. Winter 1918/19
auch auf Bühl und Umgebung übergriffen. Hier blieb die Lage
ruhig. Daran änderte sich auch nichts, als der badische Großherzog
am 25. November 1918 seinen Thronverzicht erklärte.
Dass die Situation in Bühl und Umgebung ruhig blieb, lag am
Fehlen eines revolutionären Impulses. Es fehlte folglich am
Nährboden für eine Revolution.15 Anders sah die Situation in
der Reichshauptstadt Berlin aus. Hier herrschten im Gegensatz
zu Bühl bürgerkriegsähnliche Verhältnisse, wie anhand
des folgenden Tagebucheintrags des Politikers, Publizisten
und Diplomaten Harry Graf Kessler16 vom 23. Dezember 1918
zum Ausdruck kommt: „(...) abends gegen zehn hieß es, irgendwo
sei wieder eine Schießerei gewesen; es gebe zwanzig
Tote. Die einen sagten am Potsdamer Bahnhof, die anderen,
am Alexanderplatz. Ich fuhr nach dem Alexanderplatz, um zu
sehen, was los war, und bekam hier die richtige Auskunft, die
Schießerei sei in der Nähe des Schlosses gewesen. Am Marstall
standen Gruppen von Matrosen, die erzählten, ihre Kameraden
seien vor die Kommandantur gerückt, um Löhnung zu
fordern. Plötzlich sei von der Universität auf sie geschossen


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