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Das Ende des Ersten Weltkrieges in Bühl und Umgebung
einen „Katalog der Grausamkeiten" dar. So gesehen ist es nicht
verwunderlich, dass aufgrund der Empörung gegen die Bestimmungen
des Versailler Vertrages am 18. Mai 1919 eine Protestversammlung
der aufgebrachten Bühler Bürgerschaft stattfand.
Der Zweck der Versammlung bestand darin, die einhellige Ablehnung
des Versailler Vertrages zum Ausdruck zu bringen.
Alle Teilnehmer zeigten sich über ihn empört, da er die Existenzmöglichkeiten
des deutschen Reiches vernichte und dessen
„wirtschaftliches Fortkommen damit dem Untergang geweiht
" war. Zudem äußerten viele, so der ABB vom 19. Mai
1918, die Befürchtung, dass der Versailler Vertrag „den Keim
neuer blutiger Kriege" in sich trägt.48
In der Ausgabe des ABB vom 19. Mai 1919 wurde betont,
dass die Friedensbedingungen der Entente „über die Grenzen
des Machbaren" hinausgehen. Trotzdem gebe es, so heißt es
weiter, keine andere Möglichkeit zur Lösung der Krise als die
Diplomatie: „Jetzt gilt es Ruhe zu bewahren und nach Verständigung
zu streben." Nach Auffassung des für diesen Artikel
verantwortlichen Redakteurs, sei es unerlässlich, sich damit
abzurinden, dass „Opfer" gebracht werden müssen, auch wenn
der Friede „unannehmbar" sei. Am Ende des Artikels betonte
der Verfasser erneut, dass es zum Verhandlungswege keinerlei
Alternativen gibt: „Je offener wir sprechen, je sachlicher wir die
werdenden Dinge behandeln, desto leichter muss es für uns
werden, über die Schwierigkeiten hinweg zu kommen. Wir alle
wollen einen ehrlichen Frieden, wir alle wollen die Verständigung
also zwischen uns und unseren Gegnern."
Die Empörung gegen die sich abzeichnenden Friedensbedingungen
einte auch in Bühl die Parteien der Weimarer Koalition
aus DDP, Zentrum und SPD. Von einer entsprechenden
gemeinsamen Veranstaltung berichtete der ABB in seiner Ausgabe
vom 18. Mai 1919. Ihr Hauptergebnis war eine Resolution,
die als überparteilicher Protest gegen die sich abzeichnenden
Friedensbedingungen bezeichnet werden kann.
Zu Beginn der Verlautbarung kommt zum Ausdruck, dass
alle Teilnehmer der Versammlung die vorliegenden Friedensbedingungen
auf das Entschiedenste ablehnten. Ferner heißt
es in der Resolution, das deutsche Volk sei bereit, harte Friedensbedingungen
anzunehmen, nicht aber solche, die über
seine „Kraft" und „Ehre" gehen. Auch wurde beklagt, dass die
„14 Punkte des Wilsonschen Friedensprogramms" von den Alliierten
nicht berücksichtigt worden sind. Die Einsicht, dass
das Deutsche Reich den Ersten Weltkrieg verloren hatte, kam
in der Verlautbarung nicht zum Ausdruck. Das Gegenteil ist
vielmehr der Fall, wenn es heißt: „Das deutsche Volk ist von
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