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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
98. Jahresband.2018
Seite: 85
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Oberharmersbach zu Beginn der Weimarer Republik 1918-1923

Die Inflation

Zuerst langsam, dann immer schneller machte sich die Geldwert
-Entwertung bemerkbar. Pfarrer Johann Busse blickte sorgenvoll
in die Zukunft:

Was soll das neue fahr bringen? Wie lange wird noch so fortgewurschtelt
u. Papiergeld fabriziert, für das keine Deckung vorhanden
ist, und in Saus und Braus gelebt?30

Die Ernährungssituation verschärfte sich, zum Einen, weil
wichtige Anbaugebiete durch die im Versailler Vertrag festgelegten
Gebietsabtretungen weggefallen waren (z.B. die Provinz
Posen als Hauptlieferant von Zuckerrüben; somit fehlte u. a. in
vielen Haushaltungen der Einkochzucker für den Brotaufstrich
), zum Anderen wegen verschiedener Ernteausfälle, verursacht
durch die schlechte Witterung.

Manche Familien traf es sehr hart, dennoch war der Zusammenhalt
in der Bevölkerung, zumindest was die tägliche Nahrung
betraf, ausgeprägter als anderswo, und es gab immer wieder
die Möglichkeit, durch „Taglöhnern" eine bescheidene
Ration an Nahrungsmitteln zu erhalten.

In den Kommunen der Umgebung sah das mitunter schon
anders aus. Im Kinzigtal überlegten manche Gemeinden ernsthaft
, die Zahl der Feriengäste und die Dauer ihres Aufenthaltes
zeitlich zu begrenzen, da man befürchtete, dass hier Hamsterfahrten
zunähmen.31

Pfarrer Johann Busse wusste noch von einem ganz anderen
Missstand zu berichten:

Die Schweizer kommen ins badische Oberland, haben alles Mögliche
zusammen gekauft und in die Schweiz geschleppt?2

Den Mangel versuchte die Verwaltung auch weiterhin durch
Rationierungen bestimmter Nahrungsmittel in den Griff zu
bekommen. Im Februar 1919 wurden folgende Mengen festgesetzt
: 650 g Zucker, 125 g Marmelade, 125 g Kunsthonig, 125 g
Gerstengraupe, 125 g Cichorie (Kaffeeersatz, der Verf.), 100 g Bohnenkaffee
.^ Kranke erhielten einen Karton Zwieback und Keks
zusätzlich.

Man hätte ahnen können, dass diese Maßnahmen nicht
greifen. Schon während der letzten Kriegsjahre verpufften
Höchstpreisedikte nahezu wirkungslos, der Schwarzmarkt und
der Tauschhandel gelangten auch jetzt zu neuer Blüte.

Jeder schien sich jetzt selbst der Nächste. Zwar gab es keine
Plünderungen, die in manchen Städten durch politische Wirren
begünstigt wurden, aber kleinere Diebstähle waren auch in


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