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Ute Scherb
sein, die englischen Tankgeschwader sind bis in unsere Artilleriestellungen
vorgedrungen und das heißt etwas!" Die rapide
schwindende Siegeszuversicht an der badischen Heimatfront
hatte das Stellvertretende Generalkommando des XIV. Armeekorps
schon seit Juni 2018 festgestellt und bemerkt, es mache
sich in der Bevölkerung eine „bedauerliche Resignation" breit.
Im September resümierten die Militärs die allgemeine Einstellung
als „niedergeschlagen, oftmals stumpf bis zur Gleichgültigkeit
".13
Ein Ende mit Schrecken: der Waffenstillstand
Im September erwies sich die militärische Situation als so aussichtslos
, dass Ludendorff aus Furcht vor einem Zusammenbruch
der deutschen Westfront unmittelbar nach der Kapitulation
des Verbündeten Bulgarien am 29. September von der
Reichsleitung das Ersuchen um einen sofortigen Waffenstillstand
und die Aufnahme von Friedensverhandlungen forderte
.14 Als Nückles von der bulgarischen Kapitulation erfuhr,
ahnte er, dass der Krieg längst verloren war: „Ich glaube, das ist
der Anfang vom Ende. [...] Was wird es noch geben? Ein Ende
mit Schrecken!" Zwei Tage später notierte er: „Ich glaube doch
bald, daß wir auf den letzten Füßen gehen." Doch noch immer
hoffte er auf einen positiven Kriegsausgang: „Im innersten Herzen
wohnt aber doch noch ein großes Vertrauen in unseren
Hindenburg und unser tapferes Heer." Dass er über Erich Ludendorff
, den zweiten Mann und eigentlichen Planungschef an
der Spitze der OHL, kein Wort verlor, erstaunt nicht weiter,
wenn man in Betracht zieht, dass Hindenburg schon damals
der populärere General war, der infolge der siegreichen
„Schlacht bei Tannenberg" ab 1914 „zur Symbolfigur für die
Hoffnung auf einen siegreichen Ausgang des Krieges" aufgestiegen
war.15
Prinz Max von Baden, der letzte Reichskanzler der Monarchie
und zugleich der erste deutsche Regierungschef, der vom
Parlament gewählt wurde, sollte nun, quasi als „Revolution von
oben", eine parlamentarische Monarchie einführen, weshalb
dem Wochen zuvor gebildeten „Interfraktionellen Ausschuss"
aus Liberalen, Zentrum und Mehrheitssozialdemokraten sogar
eine Regierungsbeteiligung angeboten wurde.16 Hintergrund
war, dass der Prinz am 3. Oktober unmittelbar nach seinem
Regierungsantritt auf Drängen der OHL die Alliierten um
einen Waffenstillstand ersucht hatte und auf den vormals so
brüsk abgelehnten Verständigungsfrieden auf Grundlage von
Wilsons 14 Punkte-Programms hoffte.17 Scharfsinnig interpre-
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