Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
98. Jahresband.2018
Seite: 104
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Ute Scherb

Wirklich existenzbedrohend vor allem für die Einwohner
der größeren Städte erwies sich die zunehmende Nahrungsmittelknappheit
. Mit Surrogaten wie dem berüchtigten K-Brot
oder Ersatzkaffee wurde schon seit dem zweiten Kriegsjahr
versucht, den Folgen der britischen Kontinentalsperre zu begegnen
.24 Weil die Familie Nückles eine Nebenerwerbslandwirtschaft
betrieb und über gute Kontakte verfügte, konnte sie
den Mangel lange ausgleichen. Im Hamstern scheint besonders
Magdalena Nückles eine Meisterin gewesen zu sein, und ihr
Mann ging ebenfalls immer wieder auf „Mehljagd". Dennoch
schmälerte sich auch bei Familie Nückles der Speisezettel zusehends
. Am 17. Mai 1918 notierte der Hausherr: „Mit unserer
wirtschaftlichen Lage muß es schlimm stehen. Jetzt sollen die
Brotrationen täglich wieder um 40 gr gekürzt werden, dazu
fallen noch unsere Zusatzkarten weg. Ist das der rumänische
und ukrainische Weizen, mit dem wir schon so lange geködert
werden? Dazu wird schon in Aussicht gestellt, daß es nach der
Ernte für die Zivilbevölkerung gar kein Fleisch mehr geben
soll." Und sarkastisch fügte er hinzu: „Ja ja, - da kann man
sagen, Deutschland über alles in der Welt."

Neben den knappen Brotrationen machten der Familie die
streng reglementierten Milchzuteilungen zu schaffen, denn
Nückles hatte keine Kühe im Stall stehen. Eher zwischen den
Zeilen teilte er am Sonntag, den 21. Juli mit, dass die Familie
abends nicht vollzählig zu Hause sei, denn „Mutter ist noch
fort im Milch hamstern." Noch schwieriger war es schon im
Januar, an Butter zu kommen: „Um Vi 2 Uhr bin ich mit meiner
Frau nach Eckartsweier gelaufen auf die Butter jagd", allerdings
hatten sie dort bei den Bauern keinen Erfolg: „Mit dem Butter
ist es wieder einmal nichts, ich muß mich jedes Mal so ärgern,
daß es mir ganz schlecht wird." Erst einen Monat später, am
21. Februar, konnte Nückles berichten, dass ihm ein Bekannter,
wenn auch zu horrendem Preis, ein Stück von dem wertvollen
Fett abgetreten habe: „Eine freudige Überraschung wird mir zu
Teil: Demuth bringt mir 1 Pfund Butter (das erste dieses Jahr).
Während ich ihm letztes Jahr 3 Mark bezahlt habe, gebe ich
ihm jetzt halt 5 Mark. - Ich bin nur froh, daß mir wieder eine
Quelle erschlossen ist." Die kriegsbedingte Inflation war bei
den Butterpreisen besonders deutlich zu spüren: Schon eine
Woche später, am 4. März, war der doppelte Betrag zu bezahlen
. Die Familie wollte sich daher nicht von einem einzigen
Lieferanten abhängig machen und suchte nach weiteren Quellen
. So begab sich Magdalena Nückles am Sonntag, den 14. Juli,
mit ihrer Mutter „nach Dundenheim auf die Butter jagd", mit
Erfolg: „Um V2 9 Uhr kommen die beiden Ausflügler und brin-


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