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Kehl im letzten Kriegsjahr: Aus dem Tagebuch des Mathias Nückles V 1 Q C
gen bei Gott 10 3ä Pfund Butter unter den Kleidern versteckt/'
Jetzt kostete das Pfund schon 8 Mark.
Je strenger die Lebensmittel rationiert und überwacht wurden
, umso fantasievoller gerieten die Wege, staatliche Anordnungen
zu umgehen. Obwohl Beamter, griff dabei auch
Nückles zu Notlügen. Am 1. März berichtete er über eine der
vielen Kontrollen, denen sich die Landwirte zu unterziehen
hatten: „Heute war Viehzählung. Habe [...] 6 Hasen, 1 Hahn
und 8 Hühner angegeben. Von Ersteren habe ich 13 und von
letzteren 14 Stück, aber im Kriege muß man betrügen, sonst
wird man ausgelacht!"
Doch auch im Hause Nückles gab es dramatische Engpässe.
Am 26. Februar 1918 notierte er beinahe panisch: „Heute Morgen
nehme ich mein letztes Stückchen Kautabak, jetzt ist's
fertig, es ist nirgends mehr solches zu erhalten. Das ist mir
noch ärger, als das, daß ich in den Kaffee keinen Zucker mehr
nehmen darf, meine Weibsleut wollen ihn sparen zum Marmeladekochen
." Und am folgenden Tag ergänzte er: „Z.Zt. ist es
für mich das Schlimmste, daß ich keinen Kautabak mehr habe
und es nirgends keinen mehr zu kaufen gibt. Seit meinem Soldatenleben
bin ich jetzt Tabakkauer, das sind jetzt 27 Jahre her.
Da kann man sich denken, was das für eine Qual für mich ist!"
Schon am folgenden Tag machte sich jedoch große Erleichterung
breit: „Habe heute früh den Heß Vid getroffen und der
hat mir Kautabak versprochen - Gott sei Dank! Er hat mir zur
Aushilfe gleich von dem seinigen 2 Portionen gegeben." Damit
war der Engpass beseitigt und bis Kriegsende scheint die Quelle
nicht mehr versiegt zu sein.
Trauer>Anzeige.
Allen Verwandten und Bekannten die wirklich schmerzliche
Nachricht, daß heute frühW Uhr unser lieber unvergeßlicher
Laib Brot
im Alter von kaum 3 Tagen infolge Aufzehrung den Weg alles irdischen
gegangen ist.
Wer die Vorzüglichkeit des Dahingeschiedenen kannte wird
unseren Schmerz zu würdigen wissen.
Von Beileidsbesuchen wolle man Abstand nehmen, dagegen
bitten wn Brotmarken die Hinterbliebenen:
Magerstadt, 20. Okt. 1017.
Hans Mehlnot als Vater,
Anna Mehl not geb. Hunger, verw. Kohldampf
Fritz Schmalhans, Schwiegersohn
Karl Wenigfleisch, „
Berta Ohnefett, Nichte.
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Abb. 10: Weit
verbreitet: Satirepostkarte
zur Lebens
mittelknappheit
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