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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
98. Jahresband.2018
Seite: 109
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Kehl im letzten Kriegsjahr: Aus dem Tagebuch des Mathias Nückles V 1 QO

les nach Lektüre einer Straßburger Zeitung über Wilsons Antwort
auf das Waffenstillstandsgesuch in sein Tagebuch: „Darin
betont er, [...] daß er mit der gegenwärtigen Regierung, bei der
ein einzelner Mann das Recht hat, einen Krieg vom Zaun zu
brechen, nicht verhandelt. Also mit anderen Worten: Wilhelm
, jetzt geht's dir an den Kragen!"' Die Rückgabe von Elsass-
Lothringen an Frankreich gehörte zu den Waffenstillstandsbedingungen
.31 Über die ersten Auswirkungen, wie sie in Kehl zu
beobachten waren, nämlich die Flucht von „Altdeutschen" aus
dem Elsass, notierte Nückles am 5. November: „Der ganze
Bahnhof steht voller Möbelwagen, lauter Straßburger Beamte,
die in's Preußische flüchten. Was wird es noch geben?" Tatsächlich
dauerte es nur noch wenige Wochen, bis deutsche Zivilisten
tatsächlich massenweise ausgewiesen wurden.

Die Räumung der Straßburger Festungsanlagen begann am
8. November: „Auf dem großen Exerzierhofe der Pionierkaserne
steht schon Geschütz an Geschütz und immer werden
noch mehr herbeigebracht."

Am selben Tag finden sich in Nückles Tagebuch erste Reflexionen
zum Matrosenaufstand in Kiel: „Armes Deutschland, so
weit ist es mit dir gekommen! Mir schwant die erste Revolution
vor Augen! In Kiel, Bremen und Hamburg hat sich schon ein
Arbeiter- und Soldatenrat gebildet, Menschenleben hat es gekostet
. Oh, grauenvolle Zukunft!" Bereits am Vortag war die
Revolution nach Süddeutschland geschwappt, aufgeregt berichtete
er am 9. November: „Das Allerneueste: Bayern hat seinen
König abgesetzt und sich als Republik erklärt. Das hätte ich
am letzten gedacht, daß die Bayern den Anfang machen!" Die
Ereignisse überstürzten sich in den folgenden Tagen so sehr,
dass die Abdankung der anderen Monarchen kaum mehr von
Belang war. So berichtete Nückles weder über die eigenmächtige
Verkündigung des kaiserlichen Thronverzichts durch Max
von Baden am 9. November noch über die Flucht des Großherzogpaares
aus dem Karlsruher Schloss in der Nacht vom 11. auf
den 12. November.32

Doch auch Kehl geriet zu einem Schauplatz der Revolution:
„Ein Ereignis überstürzt das andere. Der Arbeiter- und Soldatenrat
[in Kiel, d. AJ hat ein paar Vertreter nach Straßburg gesandt
und diese sind heute morgen mit dem 8-Uhr-Zug nach Kehl
gefahren. An der Kinzigbrücke hat der Bataillonskommandeur
der hiesigen Pioniere ein paar Mann mit Maschinengewehren
postiert, welche, als der Zug über die Brücke fahren wollte, zu
feuern begannen. Die Lokomotive ist total zerschossen, einer
der Ankommenden (ein Marinesoldat) ist getötet, ein paar andere
schwerer oder leichter verwundet." Dass dies nicht ohne


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