Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
98. Jahresband.2018
Seite: 111
(PDF, 96 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2018/0112
Kehl im letzten Kriegsjahr: Aus dem Tagebuch des Mathias Nückles V

Abdankung Kaiser und Großherzog!!!

In Windeseile mutierte Kehl in den Revolutionsmodus, wie
Nückles am 11. November festhielt: „Die ganze Straß läuft voller
Soldaten mit roten Bändern im Knopfloch." Noch deutlicher
zeigte sich dies am Nachmittag, als der erschossene Matrose
zu Grabe getragen wurde: „Um 3 Uhr ist die Leiche des am
Samstag erschossenen Marinesoldaten. Ich gehe kurz vor 3 Uhr
an die Kaserne, um mir die Sache anzusehen. Solch' eine Militär
-Leiche habe ich noch keine gesehen. Hinter dem Sarg geht
der Soldatenrat, hierauf kommt eine Abteilung Pioniere mit
Gewehr, alle rote Bänder. Voraus ein Fahnenträger mit roter
Fahne, die beiden Begleiter rote Schürzen um die Brust. Dieser
ersten Abteilung folgen: die Urheber des Anschlages auf den
Zug. In der Mitte Major Theuer, links von ihm der Leutnant,
der die Masch.Gew.Abtg. kommandiert hat, rechts der Hauptmann
Schmidt in Zivil, alle drei bleich wie Leintücher. Dann
kommt noch eine Abteilung Pioniere mit Gewehr und dann
folgen die Kameraden des Ermordeten, Infanteristen, Pioniere,
Jäger, alles bunt durcheinandergemischt und mit roten Bändern
verziert. Von Zeit zu Zeit trägt auch ein Soldat einen
Kranz."

Die Bevölkerung im benachbarten Straßburg schien allerdings
weniger auf die Revolutionäre aus Kiel gewartet zu
haben, ganz im Gegenteil, die Elsässer setzten auf ein anderes
Pferd: Am 8. November berichtete Nückles' Tochter ihrem
Vater, was sie nachmittags in der elsässischen Metropole erlebt
hatte: „Die Läden werden geradezu gestürmt, um die französischen
Farben im Knopfloch zu tragen. Eine schreiende und
johlende Menge auf den Straßen." Und zwei Tage später notierte
er: „In Straßburg floriert die französische Trikolore auf
allen Wegen und Stegen. Sogar dem alten Kleber auf seinem
hohen Sockel haben sie eine angesteckt und eine rote Mütze
aufgesetzt. Es ist ein trauriges Zeichen, daß unsere Polizei nicht
dagegen einschreitet." Anscheinend aber griffen dann die Soldaten
aus Kehl ein, um in Straßburg die Revolution zu entfachen
, jedenfalls sah Nückles das so: „Weil die Sache in Straßburg
nicht recht klappen will, beordert der Soldatenrat 2
Komp. Freiwillige nach dort, die den Aufständischen helfen
sollen, ihre Macht zu befestigen." Tatsächlich hatte sich aber in
Straßburg bereits ein Arbeiter- und Soldatenrat gebildet und am
10. November, einen Tag später als in Berlin, auf dem Kleberplatz
die Republik ausgerufen.34 Die Mehrheit der Straßburger
Bevölkerung indes blieb, so scheint es, davon unbeeindruckt.
Auch in Kehl überstürzten sich die Ereignisse: Gemäß Waffen-


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2018/0112