http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2018/0119
118
Martin Ruch
Glück hatte den Hofsattlermeister Franz Lipp in Karlsruhe geheiratet
, wo dann der gleichnamige Sohn Franz als katholisch
getauft im Kirchenbuch der Stadt erstmals genannt wurde.5 Er
kam oft nach Gengenbach und ins großväterliche Haus zurück,
übernahm später auch gerne das Familienerbe, jenes große alte
Fachwerkhaus direkt am Marktplatz der ehemaligen Reichsstadt
, das auch heute noch ortsbildprägend ist und den Touristenströmen
Anlass zum Genuss italienischer Eismacherkunst
bietet. Franz Lipp hat sich 1919 selbst einmal charakterisiert als
„ein Freund der Bauern von Kindesbeinen an und selber
Grundbesitzer zu Gengenbach im Kinzigthale".
Jahre später, in den 1930er Jahren, wird sich Lipp in einem
Brief an den damaligen Gengenbacher Bürgermeister Geiger
noch detaillierter äußern: „Meine frohe Kindheit im Lindenwirtshaus
im Brückenhäuser, meine Jugendjahre in Großvaters
Haus Nr. 39, meine 2 Vorlesungen über den Philosophen Ba-
ruch Spinozza, meine sechs Vorträge über Friedrich Schiller im
Adlersaal des braven Herrn Schimpf, der vortrefflich Englisch
sprach, habe ich niemals vergessen. Die alte Anhänglichkeit an
das wunderschöne Heimatstädtchen meiner Mutter besteht
auch noch an der Schwelle meines 82. Lebensjahres. Vier Jahre
lebte ich als junger Dozent im deutschen Straßburg; mit fünf
Jahren sah ich dort französische Soldaten, am vierten Tag nach
der Übergabe sah ich das fürchterlich zerschossene Münster
und heute flattert dort wiederum die französische Tricolore."6
Und über sein Haus am Marktplatz meinte er 1936: „Bei meinem
letzten vor dreißig Jahren zusammen mit meinem Freund
Karl Roth aus Baden-Baden erfolgten Besuch im Heimatstädtchen
meiner Mutter habe ich den Bau am Markt 39 aufs Genaueste
untersuchen lassen. Es ist ein mittelalterlicher Fachriegelbau
mit enormer Holzverschwendung, weit älter als das
Kaufhaus aus dem Jahre 1699."7
Franz Lipp hatte zunächst in Straßburg, später in Heidelberg
Jura und Philosophie studiert. 1880 erfolgte die Promotion in
Göttingen mit der Dissertation „Beitrag zur Lehre vom Trödel-
contract". Nach einer Tätigkeit als Bibliotheksassistent wurde
er nach 1880 Journalist am „Stuttgarter Beobachter". Sein weiterer
Lebenslauf enthält noch Unklarheiten. 1888 hat Franz
Lipp jedenfalls die Heilbronner Zeitung (sie erschien von 1879
bis 1919) als Verleger und Chefredakteur übernommen.8 Hier
war er 1889 Kandidat der DVP für die württembergische Kammer
der Abgeordneten im Oberamt Heilbronn. 1891 erwarb er
in Heilbronn auch das Bürgerrecht - und musste unzählige
Prozesse wegen Beleidigung höhergestellter Persönlichkeiten
ausfechten.
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2018/0119