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Martin Ruch
in einem Zustande gesteigerter Erregung "befunden habe;
Hessen sich bisher nicht nachweisen:
Die übrigen Angeklagten haben nichts derartiges an ihm
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bemerkt;
die Schilderungen, die in der Presse über sein Verhalten
in den Tagen seiner Amtsführung sich finden, entsprechen
im wesentlichen 4§m Bilde, das er in der Anstalt bietet:
* ■
Seine Höflichkeit wen die Da^en; seine enorme Weif-
schweifigkeit; seine Neigung, remden Einblick zu geben
in vertrauliche Amtsschreiben; seine Vielgeschäftigkeit,
sein Optimismus bezüglich der Krnährungs läge; seine
journalistisch boslv ften Bemerkungen über Noske und Hoff-
mann: die Aeusserunreu seiner .'l'e lbs t übe r sc hat zun-;".
r
Die Trinnerung ist vollkommen erhalten.
Das Verhalten entspricht dem ganzen "'esen und der Veranlagung
des Dr. Lipo.
Dr. Lipp begründet sein Verhalten subiektiv richtig*
Er vürde im gleichen Fall nach seinen Aeusserungen wieder
ebenso handeln.
Sollten sich wahrend der Verhandlung Anhaltsxunkte dafür
; ergeben, dass während der strafbaren Handlungen ein er-
heblicher Erregungssustand bestanden hätte, so wären be-
gründete Zweifel an der Zurechnungsfähige it zu äussern;
bisher heben sich solche Anhaltspunkte nicht ergeben.
Zusammenfassend : ist zu sa&en
■
Dr. LipjJ ist eine ursprünglich geniale, wenn auch ungleich
heitlich veranlagte Persönlichkeit,mit manischer Veranlagung
von ungewöhnlicher.! Wissen. Die manische Veranlagung
und die durch Alkolv-1, beginnendes Alter und vielleicht
auch durch Morphium bedingten Schädigungen haben wesent-
lieh "zur Bef;e';":un; der strafbaren Handlungen beigetragen.
Dr. Lipp ist als gemi'rtdert zurechnungsfähig dem Eichter
für eine wesentlich mindere Beurteilung zu empfehlen.
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■MB
Ato. 2: Gutachten. Quelle: Hauptstaatsarchiv München, Akten der Staatsanwaltschaft 2131/4)
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