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Bernd Rottenecker
Abb. 9: Hermann
Ehrhardt besucht
1962 sein Geburtshaus
(Pfarrhaus) in
Diersburg. (Foto:
eigen)
Wahlgang) unterstützte Ehrhardt den Kandidaten Paul von
Hindenburg. In einer Rede am 8. April 1932 in Hannover attackierte
er Adolf Hitler, den Kandidaten der NSDAP für das Amt
des Reichspräsidenten, mit scharfen Worten: „Es ist besonders
anmaßend, wenn gewisse Leute für sich allein den nationalen
Gedanken in Anspruch nehmen. [...] Und das Traurigste ist,
[...] dass jemand, der das größte Maul hat, heute der größte
Held ist/'26 Diese harsche Kritik der Person Hitlers hinderte
Ehrhardt jedoch nicht daran, im Juli 1933 - Hitler war jetzt
schon ein paar Monate Reichskanzler - mit Ernst Röhm, Heinrich
Himmler und anderen SA- und SS-Führern an einer feierlichen
Zeremonie auf dem Dorffriedhof von Saaleck teilzunehmen
. Zweck dieser makabren Veranstaltung war die Ehrung
der Mörder Walter Rathenaus, die elf Jahre zuvor auf Burg Saaleck
ums Leben kamen.27
Dass nun die Hoffnung der meisten Deutschen auf Hitler
und seinen Gefolgsleuten ruhte, konnte auch die letzte Strophe
eines ..Ehrhardt-Liedes" nicht mehr ändern:
„Bald werd' auch ihr erkennen
Was ihr an uns verloren.
Kamerad reich mir die Hände
Was wir uns einst geschworen.
Ehrhardts Geist im Herzen kann niemals untergehen
Die Brigade Ehrhardt wird einst auferstehen."2*
1927 heiratete Ehrhardt die Prinzessin Margarete Viktoria von
Hohenlohe-Öhringen in Neuruppin: Er hatte sie bereits 1919
bei seinem Einsatz zur Grenzsicherung auf Schloss Slavenzitz
in Oberschlesien kennengelernt. Wiederholt ist er auf der
Flucht vor der Polizei bei der Prinzessin, die sich in den 1920er
Jahren auch in München aufhielt, untergetaucht. Sie scheute
auch vor einem Meineid nicht zurück, um Ehrhardt vor einer
Strafverfolgung zu schützen.29 Im Juni 1934 ließ Hitler, seit
einem Jahr Reichskanzler, zahlreiche politische Gegner, u.a.
den SA-Chef Ernst Röhm, ermorden. Hermann Ehrhardt, der
sich ebenfalls in Gefahr wähnte, wurde gewarnt. Er floh in die
Schweiz und von dort nach Österreich, wo er sich vom politischen
Geschehen weitgehend zurückzog. In Brunn am Walde
(Waldviertel) erwarb er ein Wasserschloss mit Landgut und
lebte bis zu seinem Tode dort als Landwirt. Am 23. September
1971 verstarb er und sein Grab befindet sich auf dem Friedhof
von Lichtenau im Waldviertel. In den 1960er Jahren kam er
noch einmal nach Diersburg und besuchte das dortige Pfarrhaus
, in dem er geboren wurde.
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