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Albert Hiß (1884-1964) 1 Q7
cherweise mit einer „Fehlanzeige". Wollte er besonders die
wunderschönen Klassikerdrucke der Humanistenzeit als bibliophiler
Altphilologe tatsächlich für sich und seine Schule retten
? Seine offensichtlich falsche Auskunft rief die Badische
Landesbibliothek auf den Plan, sie wollte schließlich Anfang
März 1940 die Angabe überprüfen, dass keine alten Bestände in
Offenburg vorhanden seien. Am 15. März endlich reagierte
Hiß, stellte sich aber dumm: Es gäbe wohl alte Bücher in der
Lehrerbücherei, ob sie einen Wert hätten, könne er nicht beurteilen
. Vor zehn bis fünfzehn Jahren habe es einen Verkaufsversuch
gegeben, es hätten sich aber keine Liebhaber gefunden,
die angebotenen Preise, z.B. aller „auctores Latini", seien mit
300 RM zu gering gewesen. Dann kam Hiß auf seine eigenen
Vorsorgemaßnahmen für den Schutz der Bibliothek zu sprechen
: Er habe bei Eintritt des Kriegszustandes Teile der Bibliothek
in Kisten verpackt, sie im Verbandsraum des Luftschutzkellers
gesichert und sei bereit, sie in den Osterferien zum
Versand an die Landesbibliothek fertig zu machen. Diese riet
jetzt daraufhin aber plötzlich vom Versand ab und empfahl,
weitere Weisungen abzuwarten. Sie kamen prompt am 9. Mai
vom Kultusministerium und brachten eine unerwartete Wende
in der Sache: Im Krieg seien wegen der Frontnähe - Hiß war
noch diesseits des Rheins - Transporte nicht mehr ratsam, alle
Maßnahmen sollten nach dem Krieg erfolgen. Ein genauere
Begründung folgte Ende des Monats: Einschränkung des nicht
kriegswichtigen Güterverkehrs, Mangel an Personal und Fliegergefahr
ließen es zweckmäßig erscheinen, die alten Bestände
vor Ort zu lassen und ihre Abgabe einzustellen. Durch Raummangel
, Zentralisierung und wegen der geplanten „Verreichli-
chung des Hochschulwesens" nach dem Kriege sollten die Bestände
jetzt nicht einer unnötigen Gefährdung ausgesetzt
werden. Die letzte Anweisung zum „Luftschutz von Kulturdenkmalen
und Bibliotheksgut" kam mitten im Krieg am 27.
Juni 1942 vom Direktor der Badischen Landesbibliothek mit
dem Zusatz „geheim" und „eilt sehr" - Hiß arbeitete inzwischen
bereits jenseits des Rheins. Danach verlange die „Luftlage
unseres Gebietes" dringend verbesserte Maßnahmen zum
Schutze des wertvollsten und unersetzlichen Bibliotheksguts,
besonders der Handschriften und Wiegendrucke, vor Ort oder
auswärts. Die verantwortlichen Brandsachverständigen sollten
einbezogen werden, der Bedarf an Arbeitskräften und Material
sollte gemeldet werden. Direkt an den Direktor richtete sich die
Frage, ob mit der Kistenverpackung im Luftschutzkeller „die
Sicherstellung aller wertvollen Drucke der Humanistenzeit aus Offenburger
Klosterbesitz gewährleistet ist und welche Beobachtungen
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