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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
98. Jahresband.2018
Seite: 218
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218

Marita Blattmann

heißt: Abel bringt Gaben dar. Gott nimmt sie an. Und rechts
war ihr zufolge zu lesen: [HI]C • IRATVS • CHAIN • OC[CIDIT
FRATREM IN AGRO] - Hier erschlägt der zornige Kain seinen Bruder
auf dem Feld. Den Sinngehalt der äußeren Umschrift gibt
diese Rekonstruktion gewiss wieder, wenn auch nicht jedes rekonstruierte
Wort richtig sein dürfte. Denn die Proportionen
in der Umzeichnung stimmen nicht ganz. Tatsächlich passen
in den oberen angedeuteten Kreisbogen mehr Buchstaben als
die elf in ACCIPIT ILLA und in den unteren weniger als die
achtzehn in ...CIDIT FRATREM IN AGRO.

Dennoch ist der Befund eindeutig: Die äußere Umschrift
beschreibt mit Worten die auf dem Mosaikrand dann im Bild
dargestellte Geschichte von Kain und Abel aus der Bibel. Rechts
sieht man, von den Hüften aufwärts erhalten, den Ackerbauern
Kain mit einem Ährenbündel, von dem darüber dargestellten
Abel, der ein Lamm präsentiert haben muss, sind nur Beine,
Hüften und ein Teil des Rückens erhalten. Weil Gott das
Tieropfer Abels annahm und die Feldfrüchte Kains verschmähte
, kam es zu dem auf dem linken Rand dargestellten
Mord. In der erhaltenen Partie mit den Oberkörper der beiden
Brüder schlägt Kain mit einem Beil auf den Kopf Abels ein.

Genau das, was die äußere Umschrift nahezu entbehrlich
erscheinen lässt - dass sie nur beschreibt, was man ohnehin
sieht -, vermisst man bei der inneren Umschrift schmerzlich.
Denn die wenigen Wörter, die man aus den losen Mosaiktrümmern
noch zusammensetzen konnte, verraten nichts über die
verlorene Darstellung in der Mosaikmitte. Links ergibt sich die
zusammenhängende Partie LOCVS • V[0]CI • N[ost]RE • IN •
[C]ELO - der Ort für unser Gebet ist im Himmel. Aus der kurzen
rechten Formation RA • SIT • EX mit einem Kürzungsstrich
über den ersten beiden Buchstaben rekonstruierte Renate
Neumüllers-Klauser den Satz [G]R(ati)A • SIT • EX[CELSI •]
M[ISERATIONI • BEI] - Dank sei der erhabenen Barmherzigkeit
Gottes - insgesamt ein „Ausdruck persönlich formulierter Anrufung
"7, für die sich keine Textvorlage finden ließe. Diese
Auffassung teilte auch noch Claudia Bodinek 2017: „Die Herkunft
der Verse ist unbekannt/'8

Herkunft der linken inneren Umschrift
aus dem Missale Romanum

Nun lässt sich aber die Herkunft der Verse durchaus feststellen,
und das eröffnet auch eine neue Möglichkeit für die zeitliche
und sakrale Einordnung des Mosaiks. Die Wendung locus voci
in celo ist keineswegs unbekannt, sondern erklang vom frühen


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