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Das Schutterner Mosaik vor dem Hintergrund der Klosterreformen des frühen 12. Jahrhunderts
Vor allem aber verschafften die reichsweit anberaumten
Siegesfeiern dem Schlachtenhelfer Laurentius auch im Deutschen
Reich eine neue Popularität, wie er sie schon lange in
Rom genossen hatte. Dort war Laurentius nach seinem Märtyrertod
während der Christenverfolgung des Jahres 258 rasch zu
einem der Hauptheiligen aufgestiegen. Der Legende nach hat
Kaiser Valerian den Diakon des Papstes, der ihm, zur Herausgabe
der „Schätze der Kirche" aufgefordert, die Armen Roms
zuführte, auf einem glühenden Rost hinrichten lassen. Das
seinem Andenken geweihte San Lorenzo fuori le mura ist eine
der sieben Hauptkirchen Roms. Bis heute nennt ihn das Erste
Hochgebet der katholischen Kirche im Märtyrerkanon - die
Abfolge „Linus, Kletus, Klemens, Xystus, Kornelius, Cyprianus,
Laurentius ..." wird mancher im Ohr haben. Wie Weihnachten
und Ostern war auch das Laurentiusfest dreiteilig - bestehend
aus einem Vortag mit Abendmesse, dem Festtag und der Oktav
acht Tage darauf.
Nach 955 feierte man Laurentius gerade in Süddeutschland
mit verstärktem Eifer, im Umfeld des zuvor von den Ungarn
zerstörten Klosters Benediktbeuren beispielsweise wurden ihm
neue Kirchen geweiht,13 und so scheint es nicht abwegig, dass
man ihm ebenso in Schuttern eine Kapelle oder einen Altar
gewidmet haben könnte. Auch Schuttern wird, freilich erst in
später und unsicherer Überlieferung, eine 938 erfolgte Zerstörung
durch die Ungarn und eine vielleicht damit zusammenhängende
Weihe durch den zwischen 965 bis 991 amtierenden
Bischof Erkanbald von Straßburg zugeschrieben.14 Unabhängig
davon war das Kloster Schuttern für das Reichsheer kontingentpflichtig
; von den Bewaffneten, die es zur Lechfeldschlacht
entsandte, kann der ein oder andere es dem König gleichgetan
und dem Laurentius eine Stiftung gelobt haben.
Jedenfalls gab es in der Klosterkirche Schuttern einen Laurentiusaltar
. Das fiel bisher nicht auf, obwohl er auf vielen Re-
konstruktionszeichnungen Karl Lists an prominenter Stelle zu
sehen ist, nämlich (in der Abbildung 4 durch einen Pfeil markiert
) als Element der romanischen Kirche direkt über dem
zugeschütteten Mosaik.
Allerdings nennt ihn List stets nur den „Märtyreraltar" oder
„Altar der Märtyrer". Denn entscheidend war für ihn die Chronikstelle
, die vom altare ad martyres supra sepulturam Offonis -
also in Lists Interpretation vom „Märtyreraltar über dem Offo-
grab" - spricht15. Dessen genaues Patrozinium erschien ihm
offenbar irrelevant. Dabei führt die Weihenotiz aus dem Jahr
1283 die Patrone des Schutterner Märtyreraltars näher auf: es
sind Laurentius, Linus und Cletus.16
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