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222 Marita Blattmann
Abb. 4: Mosaik und
darüber situierter
Märtyreraltar von
Schuttern in der
Rekonstruktion von
Karl List. I_
Damit rückt die Lösung 3 in den Blick, dass das Zitat aus
dem Offertorium eine Verbindung zwischen dem Mosaik und
dem heiligen Laurentius herstellen wollte. Dazu ist das Offertorium
in der Tat geeignet. Denn während alle anderen Messtexte
der drei Laurentiusfesttage im Verlauf des Kirchenjahres mindestens
ein weiteres Mal auch an anderen Tagen in Gebrauch
kommen, wird der unbiblische Offertoriumstext nur am 9. August
gesungen und markiert daher für die Kundigen exklusiv
diesen Heiligen. Dass er auf dem Mosaik genau zu diesem
Zweck auch zum Einsatz kam, wird ersichtlich, wenn man die
fünf ermittelten Stellen überprüft, die im Mittelalter die Passage
locus voci nostre [in celo] zitieren.
Zweimal erscheint die Wendung datur/daretur locus voci
nostre als Floskel in Briefstellern, und die heilige Aldegundis
rezitiert in Kapitel 16 ihrer Vita den ersten Satz des Offertori-
ums als Gebet17 - das bringt uns nicht weiter. Die letzten beiden
Treffer aber, beide aus Werken des 1129 verstorbenen Abtes Rupert
von Deutz, werfen ein ganz neues Licht auf das Problem.
Laurentius und Abel bei Rupert von Deutz
Der erste entstammt einem Gedicht des damals noch unbekannten
jungen Mönches, den im Investiturstreit 1095 die
Anhänger des Kaisers zusammen mit seinen Mitbrüdern aus
dem Lütticher Kloster St. Laurentius vertrieben hatten. In
einem fingierten Gespräch mit Jesus Christus bittet der
Klosterpatron Laurentius um Hilfe für den Konvent und ver-
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