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Das Schutterner Mosaik vor dem Hintergrund der Klosterreformen des frühen 12. Jahrhunderts
Bischof Bruno von Straßburg
Noch ein anderer Mann, der unsere Aufmerksamkeit wieder
auf die kirchenpolitischen Umstände in Schuttern im frühen
12. Jahrhundert wendet, gehörte vielleicht zu diesem Prüfeninger
Diskussionskreis, der sich so für Rupert von Deutz und den
heiligen Laurentius interessierte: Bruno, Bamberger Domherr
und 1123-1125 sowie erneut 1129-1131 Bischof von Straßburg
- ein kluger und belesener Mann, ein treuer Freund, wie Gerhoch
schreibt.39 Dass es üblich war, vielversprechende oder aus
einflussreichen Familien stammende junge Mönche, in deren
Kloster die Reform eingeführt werden sollte, einige Jahre in
einem etablierten Reformkonvent in die Praxis eintauchen zu
lassen, wurde oben schon beschrieben. Das Schicksal Bischof
Brunos könnte nun zusätzlich die Reformfreunde in den Or-
tenauklöstern veranlasst haben, sich zeitweise in andere Bamberger
Reformklöster zurückzuziehen.
Die Geschichte der Straßburger Bischöfe im frühen 12. Jahrhundert
ist schwer zu erfassen. Offenbar haben Streitigkeiten
und ein politischer Zick-Zack-Kurs zum Überlieferungsabbruch
oder zur gezielten Vernichtung von Informationen geführt.
Anfang 1123 war in Straßburg der vormalige Bamberger Domherr
Bruno zum Bischof gewählt worden; seinen beim Kaiser in
Ungnade gefallenen Vorgänger Bischof Kuno von Michelbach
(1100-1123) hatte man abgesetzt. Allerdings war der aus der
Ferne berufene Bruno kaum geeignet, die schon lange schwelenden
Streitigkeiten zwischen dem Straßburger Domkapitel
und dem jeweiligen Bischof über die Aufteilung der Bistumseinkünfte
zu überwinden. Als ein Leben unter Skorpionen hat
Bruno seine Straßburger Zeit später bezeichnet.40 Sein abgesetzter
Vorgänger begann bald wieder bischöfliche Handlungen
vorzunehmen. Im Herbst 1125 wurde Bruno aus Straßburg
vertrieben und dort durch einen Eberhard ersetzt, von dem wir
nicht mehr wissen als seinen Namen und sein Todesjahr 1127.
Verkompliziert wurde die Lage der nun drei Konkurrenten um
den Straßburger Bischofsstuhl noch durch den Wechsel des
Königshauses: Dem im Mai 1125 kinderlos verstorbenen letzten
Salier Kaiser Heinrich V. war im September der Sachsenherzog
Lothar von Supplinburg auf den Thron gefolgt, zum Ver-
druss des bei der Königswahl unterlegenen Schwabenherzogs
Friedrich IL, der alsbald den neuen König und seine Anhänger
in einen zehnjährigen Kampf verwickelte.
Das Herzogtum Schwaben war also wie das Bistum Straßburg
in den 1120er und frühen 1130er Jahren ein politisches
Pulverfass mit schnell wechselnden maßgeblichen Männern.
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