Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
98. Jahresband.2018
Seite: 259
(PDF, 96 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2018/0260
Weibliche Wohngemeinschaften im spätmittelalterlichen Offenburg 259

zeitlebens ihre wichtigste Gesprächspartnerin. Wie
groß diese Frauengemeinschaft war, wissen wir nicht,
obwohl ihr Zusammenleben in aller Breite geschildert
wird.

Gertrud hatte schon nach einigen Monaten für
sich selbst eine neue Entscheidung getroffen, indem
sie ihr schwarzes Beginengewand ablegte und fortan
das graue Habit des Dritten Ordens der Franziskaner
trug: Do hette diese frowe geistlich gewant angeleit, gro-
wen berwer, und hette die dritte Regel sancte Franciscus
entpfangen und wz in grossem ernste und in grosser an-
daht und in vil Übung des geistes. Es war ein Schritt in
die franziskanische Spiritualität der Armut, aber ohne
Verzicht auf die selbstgewählte Lebensform in ihrer
Gemeinschaft. Sie schien streng darauf zu achten,
nicht aus der Gruppe herausgehoben zu sein: Ir waz
leid, daz man ir in dem huse ere bot; „Meisterin" wollte
sie niemals sein, nur Dienerin. Allerdings hielt Gertrud
auch durchaus Knechte und Mägde, die ihr dienten
und mit ihr zur Feldarbeit gingen. Auch scheute
sie sich nicht, mit Pächtern und Verwaltern ihrer
Güter zu verhandeln, ja sie konnte sogar gerichtlich
gegen sie vorgehen. Ihre Lebensmaxime blieb gleichwohl
das Leben in Armut, das Angebot an die Ärmsten
ihrer Gesellschaft, sich mit ihnen zu solidarisieren
. Dieses soziale Engagement der Frauengemeinschaft
wird in der Vita in vielen konkreten Details geschildert
. Auch die gehässigen Reaktionen der gehobenen
Bürgerschicht der Stadt werden nicht verschwiegen.

Die Spannung zwischen dem erstrebtem Ideal
und dem erlebten Alltag war sehr groß. Das könnte der eigentliche
Grund dafür gewesen sein, dass Gertrud und Heilke sich
nach einigen Jahren entschlossen, nach Straßburg zu ziehen.
Sie verließen 1317 ihr Offenburger Haus, um in der großen
Nachbarstadt einen Neuanfang zu versuchen. Das war allerdings
ein denkbar schlechter Zeitpunkt: Denn während sie
ihr Häuschen in der Nähe des Straßburger Franziskanerklosters
bezogen, wandte sich der dortige Bischof an den gesamten
Klerus, um ihn aufmerksam zu machen auf Irrlehren, „in
die einige Ordensleute und Kleriker, auch Eheleute und andere
, die eine alternative Lebensform suchten, verstrickt
waren".9 Im Januar 1319 verbot er den Status beginagium
grundsätzlich und drohte den Frauen, die sich widersetzten,
mit dem Kirchenbann. Ein halbes Jahr später nahm er seine
Maßnahme teilweise wieder zurück, indem er diejenigen Be-

Abb. 2: Graue
Schwester des hlg.
Franziskus (13. Jh.)


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2018/0260