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Weibliche Wohngemeinschaften im spätmittelalterlichen Offenburg
einem Acker in Griesheim. Einen gleichen Vorgang dokumentiert
1378 eine zweite Urkunde, die jährliche Abgaben von
einem Haus, Hof und Feld zu Griesheim absicherte und mit
städtischem Siegel bekräftigte.18
In beiden Geschäftsurkunden erscheint nun aufseiten der
Beginen zum ersten Mal eine „Meisterin". Sie wickelte zusammen
mit ihren „Schwestern in der von Schuttertal Gotzhaus" den
Rechtsvorgang ab. Das lässt den Schluss zu, dass sich mittlerweile
auch die Offenburger Beginen dem Straßburger Modell
von 1319 gebeugt und die Regel des Dritten Ordens der Franziskaner
angenommen haben. Ihre Gemeinschaft präsentierte
sich nun hierarchisch geordnet. Die inneren Strukturen
der Wohngemeinschaft, wie sie Gertrud von Ortenberg ins
Leben gerufen hatte, scheinen sich deutlich verändert zu
haben. In beiden Zeugnissen weht nicht mehr der Geist einer
hochgestimmten religiösen Gemeinschaft, deren Selbstverständnis
allein in frei gewählter Armut und Barmherzigkeit
gründete, sondern der Geist einer kirchenrechtlichen definierten
Ordnung.
Auch die äußeren Strukturen des Offenburger Beginenle-
bens geben beredtes Zeugnis von einem grundlegenden Wandel
. Denn in den Urkunden von 1367 und 1378 taucht zum
ersten Mal der Name eines neuen Beginenhauses auf: der von
Schuttertal gotzhus. Schon wenige Jahre später werden in einer
Seelgerätstiftung von 1395 sogar fünf Beginenhäuser aufgezählt
:19
der von Rickeldere gotzhus,
der von Schuttertal gotzhus,
der von Ortenberg gotzhus,
der von Schuburg gotzhus,
der Mutzer in gotzhus.
Wiederum sechs Jahre später, 1401, listet eine Urkunde die Erträge
von Gütern auf, die vier weiteren Beginenhäusern zustanden
,20 nämlich
dem Großen gotzhus,
dem gotzhus by dem Schinthus,
dem Kener gotzhus
der Bortschöbin gotzhus.
Sie lagen, soweit sie sich heute lokalisieren lassen, in dem Stadtviertel
zwischen Franziskanerkloster und Lindenplatz. Der von
Rickeldere gotzhus lag unmittelbar neben der Klosterkirche,
denn Gertrud konnte von ihrem Bette aus hören, daz die brue-
der messe sungent. In direkter Nachbarschaft wohnten die
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