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Weibliche Wohngemeinschaften im spätmittelalterlichen Offenburg JfC?
chen Bereich vollzogen haben. Während das Testament von
1326 nur Naturalabgaben kannte, sind diese 150 Jahre später
von den Geldabgaben praktisch abgelöst. Eine ähnliche Relation
gilt in etwa auch für die anderen drei Häuser.
Und den dritten Einnahmeposten bildeten die Kapaunen,
von denen jährlich 25 abgegeben werden mussten.
Das dritte Beginenhaus, das in der Liste aufgeführt wird, das
Schinthus gotzhus, erhält Zins und Gülten von 17 Liegenschaften
in sechs Orten: Gengenbach (4), Nesselried (3), Niederschopfheim
, Fessenbach, Weierbach, Höfen und Sand (je 1).
Von den Korngülten blieben ihm noch fünf Posten.
Wesentlich besser stellte sich das vierte Beginenhaus, das
Schuttertal gotzhus, das aus fünfzehn Orten 44 unterschiedliche
Einnahmen bezog: Ortenberg (6), Rammersweier (3), Appenweier
(3), Offenburg (2), Weierbach, Fessenbach, Friesenheim,
Waltersweier, Schutterwald, Zell, Legelshurst, Zusenhofen,
Griesheim, Sand (je 1). Korngülten blieben noch sechs übrig.
Für Kapaunen war wohl noch das leere Blatt vorgesehen.
Das Netz der Orte, in denen die Offenburger Beginenhäuser
abgabepflichtige Liegenschaften besaßen, ist bemerkenswert
weit und hebt die gesellschaftliche Randgruppe dieser Frauen
in eine bisher kaum beachtete Position. Allein in Offenburg
besaßen sie elf Häuser und drei Fleischbänke. In Ortenberg und
benachbarten Reblandgemeinden bezogen sie von mehreren
Winzern eine jährliche Pacht, die bisweilen mit dem Zusatz
versehen wurden: Ist empfehig mit einem maß wins. Auch das
Spital schuldete der meisterin des großen gotzhus jährlich fünfzehn
Schilling, davon soll sy opfren sechs Schilling zu der lütkir-
chen, sechs Schilling zu den Barfuoßen, drei bliben bei der meisterin.
Zu einer derartigen Weitergabe von Teilbeträgen der Einnahmen
verpflichteten sich die Frauen mindestens ein dutzendmal
. Davon profitierten vor allem die Franziskaner, aber auch
das Schuttertal- und Schinthus-gotzhus, die Pfarrkirche (für
Jahrtagsmessen), einmal auch die Stadt Offenburg selbst und
das Dorf Weier.
Alle Abgabetermine waren genau festgelegt und verteilten
sich über das ganze Jahr, wobei natürlich das Martinifest am
11. November am häufigsten genannt ist.
Aus der Gemeinschaft der armen Schwestern war ein, wenn
auch bescheidenes Versorgungsinstitut für alleinstehende
Frauen geworden, das sein Vermögen umsichtig verwaltete.
Davon allein aber konnten sie nicht leben. Sie waren weiterhin
gezwungen, den Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Es ist
anzunehmen, dass sie gerade im Spitaldienst maßgeblich tätig
blieben, wie einst Gertrud und ihre Mitschwestern. Die Er-
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