Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
98. Jahresband.2018
Seite: 268
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O/CQ Eugen Hillenbrand

werbsarbeit im Hause am Spinnrocken und Webrahmen gehörte
auch weiterhin zu ihren Pflichten. Gertrud verstand sie
einst als geistliche Übung mit den Händen: Und etwenn sas
jungfrow Heilke hinder ir und such ir zuo und nam grosse andaht
dar ab. Sie selbst gab den Mitschwestern ein Beispiel strengster
Askese und erwartete die gleiche Bereitschaft auch von ihnen.

Selbst im Bildungswesen der Stadt gab die Protagonistin
eine Leitlinie vor. Ihre Vita berichtet von dem Religionsunterricht
, den sie den Kindern der Stadt und der umliegenden
Dörfer erteilte: nit allein richer lüte kint, me [sondern] arm und
rieh zoch sü zuo geistlichem leben als vil sü mochte. Überraschenderweise
belegt auch ein Eintrag im Zinsregister die Arbeit
der Beginen im Bildungsbereich. Das Große gotzhus zählte
nämlich ein Haus in Offenburg am Kirchhof zu seinem Besitz
, mit dem ausdrücklichen Vermerk: kompt von Adelheit
schuolmeisterin.

Was hätte wohl Gertrud von Ortenberg ihren lieben Mitschwestern
dazu gesagt? Und wie hätten diese darauf geantwortet
? Wir erfahren darüber nichts mehr. Wir können nur
feststellen: Gertruds Vermächtnis ist schwächer geworden. Ihre
soziale Utopie der besitz- und bedürfnislosen Frauen im gemeinsamen
Wirken blieb eine fromme Utopie. In Straßburg
und Basel, den beiden größten Zentren der Beginen am Oberrhein
, wurde bereits in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts
Kritik laut an den Einnahmen aus Rentengeschäften der Beginen
, die von arbeitslosem Einkommen lebten.25 Die Vorwürfe
kamen vor allem aus Kreisen der franziskanischen Observan-
ten, nicht aus der städtischen Bürgerschaft, die ja bereitwillig
den Frauen Stiftungen zukommen ließ.

In Offenburg dokumentiert eine Urkunde von 1531 das
Ende der weiblichen Gemeinschaften in der Stadt:26 Noch todt-
lichem abgangk wilent der Ersamenn Geistlichenn Schwester Katharinens
der letztenn abgestorbenn Schwesternn imm grossenn gotz-
huß zu Offemburg, stritten sich zwei parthyen um die Nachfolge
im Erbe der Frauen, die Bettelbrüder und die Stadtverwaltung.

Während die Franziskaner schriftliche Nachweise für ihre
Forderungen an desselbenn grossenn gotzhuß hob und gütter vorlegten
, lehnten Schultes, Meister und Rath der Statt Offenburg
dieses Ansinnen ab. Und zum letzten Mal hören wir in dieser
Urkunde von der Frauengemeinschaft, die Gertrud einst gegründet
hatte. £5 hett nit die gestalt, dass solich hob unnd güttere
zins unnd gultenn gar [vollständig] der Rickeldegin gotzhuß zuhort-
ten, sunder werenn vor etlichenn verschienenn [abgelaufenen] ziten
unnd Joren etlicher mer gotzhüser guter dahin kommenn und zu
diesem gotzhuß gestossenn, die sie als oberkeyt inenn mit Rentenn


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