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O 7Q Eugen Hillenbrand
lassenn volgenn, sunder sie schuldig werenn, dieselbenn zu gottes lob
unnd dem gemeinenn nutz zu gut wider anzulegenn unnd zu an-
dernn gotzdienst oder zu dem gemeinenn nutz zu ordnenn oder zu
bewenndenn. Das ist eine klare Aussage zur gesellschaftlichen
Funktion der Beginenhäuser, wie sie schon immer von der Bürgerschaft
der Stadt erwartet worden war.
Man einigte sich gütlich, früntlich, vridentlich, die liegende
und fahrende Habe des Großen Gotteshauses gleichmäßig aufzuteilen
und in entsprechenden Listen festzuhalten. Darin
wurden auch einige Ausnahmen präzisiert. So sollen den Barfüßern
der Wein und die Reben am Kalbsbrunnen zustehen,
dem Stadtrat das hus, darin die Schwestern ir wonunggehept, damit
noch irem willen und gefallen zu handelnn.
Beide Parteien verpflichteten sich, den ausgehandelten Vertrag
anzuerkennen und auch in Zukunft nicht anzufechten. Sie
bestätigten die Rechtskraft der Verabredung durch das Konventssiegel
der Franziskanerbrüder und durch das Offenburger
Stadtsiegel. Ein drittes Amtssiegel konnte die Bedeutung der Urkunde
noch steigern. Es stammte vom Provinzialmagister der
oberdeutschen Franziskanerprovinz, Bartholomaeus Hermann,
der sein erstes Kapitel während seiner Amtsführung 1531 nach
Offenburg einberufen hatte. Diese Tatsache unterstreicht die
Stellung der Offenburger Franziskaner im sogenannten Armutsstreit
ihres Ordens. Sie zählten sich zu den Konventualen im
Gegensatz zu den strengen Observanten, die sich 1517 von der
Ordensfamilie offiziell gelöst hatten und niemals einen Rechtsstreit
um Besitzrechte durchgefochten hätten.
Die Offenburger Minderbrüder aber legten schon nach weniger
als einem Monat eine genaue Liste der ihnen zugefallenen
Erbstücke an: Loß zedel und teylung der beginen zins und
gültten dem barfußer closter uff frytag vigili Martini anno domini
1531 mit dem loß gefallen und geteylt27 Während die Barfüßer zur
Sicherheit gleich noch eine Kopie anlegten, fehlt die dazu korrespondierende
Liste der Stadt völlig. Ob sie verloren ging oder
gar nicht angefertigt wurde, wissen wir nicht.
Damit endet die Geschichte der Frauen, die über zweihundert
Jahre lang in Offenburg ein selbstbestimmtes Leben führten
und gleichwohl von den Bürgern als eine Gemeinschaft zu
gottes lob und dem gemein nutz zu gut wahrgenommen wurde.
Zuletzt hatte der Rat der Stadt nicht nur einen guten Teil der
Beginengüter beansprucht, sondern auch die Deutungshoheit
über ihre Lebensform.
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