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312 ^e§ina Brischle
Aus den gegensätzlichen Darstellungen der beiden Parteien
lassen sich die Hauptstreitpunkte herauslesen. Diese
waren die Fragen nach dem Anlass und der Berechtigung. Die
Exilanten reklamierten für sich, dass sie aufgrund der unsicheren
Lage zum Wohle des Stifts gehandelt hätten. Die wichtigen
Unterlagen und Wertgegenstände hätten sie nicht gestohlen
, sondern außerhalb Straßburgs in Sicherheit gebracht.
Capito wiederum bestritt, dass es dazu eine Notwendigkeit
gab. Nach seiner Auffassung waren die Gegenstände in Straßburg
, wo alles in Ruhe und Besonnenheit unter der Kontrolle
und mit Unterstützung des Rats ablief, sicherer als in Freiburg,
Molsheim oder Saverne. Man hätte auch den Rat der Stadt
Straßburg um Unterstützung bitten können, dann wären die
Wertsachen nie in fremde Hände gelangt. Sie dem Rat in Offenburg
anzuvertrauen, wäre eine weitere Alternative gewesen
. Während er berichtet, dass die Schlösser des Tresorraums
aufgebrochen worden waren, behauptete die Gegenseite, dass
die Schlüsselhalter die Schlüssel freiwillig ausgehändigt hätten
. Über Wurmsers Weggang schreibt Capito, dass dieser
„eilends, als ob er gejagt werde mit anderen zu Fuß" die Stadt
verlassen habe. Es habe dafür keinen Anlass gegeben und es
gab keinen Grund zur Angst. Diese hätten sie sich selbst gemacht
oder von „Ohrenbläsern" einreden lassen. Außerdem
fehlte ihnen die Berechtigung, die sie nur durch einen Mehr-
heitsbeschluss der Kanoniker erreichen konnten. Von denen,
die dem Vorgehen zugestimmt hatten, sollen einige zudem
mit List dazu gebracht worden sein, und Personen, von denen
man annahm, dass sie nicht zustimmen würden, wurden
übergangen. Ohne den Mehrheitsbeschluss hatten die Exilanten
laut Capito auch kein Recht, beim Reichsregiment gegen
das Handeln des Rats von Straßburg zu klagen. Er schließt mit
den Worten: „Dennoch meinen sie nützlich und recht gehandelt
zu haben."
Zwei weitere Streitpunkte zwischen den beiden Parteien
waren das vor dem Offenburger Rat vereinbarte weitere Vorgehen
und die Zusagen der drei Beschuldigten. Während Capito
wiederholt behauptete, dass sie sich verpflichtet hätten, weder
sich noch die Güter aus der Stadt zu entfernen, bestritten die
anderen dies. Sie argumentierten, dass sie in Offenburg weder
inhaftiert waren und sich frei bewegen konnten, noch dass sie
die Güter bei sich hatten. Als die drei die Stadt verließen, um
nach Esslingen und später nach Freiburg zu gehen, unterrichteten
sie den Offenburger Rat über ihren Weggang und den
neuen Aufenthaltsort und erhielten dessen Zustimmung. Den
Wiederspruch, sie hätten geschworen, dass sie die Güter nicht
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