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Heinz G. Huber
wurden. Alle sollten in die Gemeinschaft der Feiernden einbezogen
werden. Die Beteiligung war beeindruckend: „In dichten
, undurchdringlichen Scharen wogte die Menge Straßen
auf, Straßen ab/' Auch aus der näheren und weiteren Umgebung
hatten sich Menschen eingefunden. Obwohl Montag und
Werktag war, trugen alle Sonntagskleidung.
Zu Ehren von Itzstein und seinen Kollegen veranstaltete die
Oberkircher Bürgerschaft gegen 21 Uhr einen Fackelzug. Zum
Zeremoniell gehörte auch die Musik: Eine türkische Musik und
eine Blechmusik spielten abwechselnd, die Liedertafel ließ sich
hören. Der Zug endete an der Post, wo im Namen der Oberkircher
Deputation Altbürgermeister Kappler eine Ansprache hielt
und Itzstein hochleben ließ. Dieser dankte gerührt und äußerte
sich erfreut über den im Renchtal herrschenden verfassungstreuen
Geist und die rege Teilnahme am öffentlichen Leben.
Itzstein übernachtete bei Friedrich Frech. Noch zu später Stunde
brachten einige Frauen und Männer Itzstein ein Ständchen.
Am nächsten Morgen wurden die Oberkircher und ihre
Gäste durch Böllerschüsse und Trommler geweckt. Vom Kirchturm
schallte Choralmusik. Achtzig pferdebespannte Chaisen
und Kutschen stellten sich auf. Die Wagen waren mit Fahnen
der badischen Farben, mit Eichenlaubkränzen und Blumen
geschmückt. Der Zug setzte sich renchtalaufwärts in Bewegung
. In jedem Ort stießen weitere Fuhrwerke und Menschen
zu Fuß zu dem Zug hinzu. Wer sich einreihte, demonstrierte
auch für die Verfassung und die mit ihr verbundenen Werte. In
Oppenau begrüßte der Gemeinderat Itzstein. Das Oppenauer
Bürgermilitär hatte sich zusammen mit der Peterstaler Bürgerwehr
vor dem Kurhaus Freiersbach aufgestellt, dem Betrachter
bot sich ein malerisches Bild: Zeichnete sich das Oppenauer
Bürgermilitär „durch seine schöne Haltung und glanzvolle
Uniform" aus, so beeindruckte die Bürgerwehr durch ihre
Tracht, „dem aufgestülpten Dreispitz, Federbusch und der von
Granat- und Silberborten glänzenden Kokarde, den Rock mit
roten Schößen, den roten Westen, kurzen Beinkleidern, weißen
Strümpfen und Schnallenschuhen". Mehrere Triumphbögen
waren errichtet worden, fast jedes Haus war mit Kränzen
und Laubwerk geschmückt. Vor dem Peterstaler Rathaus hatte
sich die übrige Bürgerschaft mit sämtlichen Schulkindern aufgestellt
. Badegäste hatten sogar mitgeholfen, das Kurhaus Peterstal
zu verzieren. Peterstals Bürgermeister übernahm zu
Pferde die Führung. Der Demonstration des festlichen Einzugs,
den Bewohnern des Kurorts beim Einzug des Landesherren bei
Kuraufenthalten bekannt, galt dieses Mal den Abgeordneten.
Der Kult um ihre Person galt auch der Verfassung.
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