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Heinz G. Huber
Badener über 25 Jahre, die als Gemeindebürger oder Staatsdiener
am Wohnort ansässig waren; ausgeschlossen waren Hintersassen
, Gewerbsgehilfen und Bediente. Zum Landtagsabgeordneten
konnte allerdings nur gewählt werden, wer über 30 Jahre
alt war und ein Vermögen von über 10000 fl. oder ein Jahreseinkommen
von mindestens 1500 fl. nachweisen konnte. Die
Zahl der wählbaren Bürger in Baden umfasste nur etwa 6000
Männer.35 Die Abgeordneten wurden höchstens für acht Jahre
gewählt; alle zwei Jahre wurde die Kammer um ein Viertel erneuert
.
Die „Landstände" mussten alle zwei Jahre einberufen werden
. Sie bewilligten Steuern und prüften das Budget, wirkten
bei Gesetzen mit, die in Freiheit und Eigentum der Staatsbürger
eingriffen, genehmigten Anleihen und Domänenverkäufe,
konnten sich über Minister beschweren und sie anklagen und
mit einer Zweidrittelmehrheit die Verfassung ändern. Sie konnten
jedoch keine Gesetzesvorschläge einbringen, sondern lediglich
eine „Motion", einen Antrag zu einem Gesetzvorschlag,
stellen. Jeder Badener hatte das Recht, Beschwerden und Wünsche
in einer Petition vor die Kammer zu bringen. Der Großherzog
konnte den Landtag einberufen und vertagen, auflösen
und Neuwahlen anordnen.
Im zweiten Teil der Verfassung wurden den Badenern „staatsbürgerliche
und politische Rechte" gewährt. Sie gewährte jedem
Landesbewohner Gewissens- und Religionsfreiheit, Schutz vor
willkürlicher Verhaftung und bei Delinquenz das Recht auf
einen Richter; Gerichte sollten unabhängig sein. Geschützt
wurde das Eigentum; Leibeigenschaft und Feudallasten sollten
nach gesetzlicher Regelung abgelöst werden können. Ausdrücklich
wurde die Gleichberechtigung der drei christlichen Konfessionen
bei der Besetzung von Staatsämtern und im Bereich der
Politik betont. Ebenso wurde die Gleichheit aller staatsbürgerlichen
Rechte und bei der Besteuerung festgeschrieben.36 Fundamentale
politische Grundrechte wie Vereins- und Versammlungsfreiheit
wurden nicht gewährt; die Pressefreiheit unter
den Vorbehalt der Bundesgesetzgebung gestellt.37 Der Kampf
um die freie Presse entwickelte sich in Baden zu einem der
Hauptthemen des vormärzlichen Konstitutionalismus.
Das „Grundgesetz des badischen Landes" löste nach seiner
Verkündigung großen Jubel im ganzen Land aus.38 Aus dem
ganzen Land liefen in Bad Griesbach, wo sich Großherzog Karl
immer noch in Kur befand, Adressen ein. Die Stadt- und Landgemeinden
des Amtes Oberkirch gehörten zu den ersten, die
eine untertänige Dankadresse an den in ihrem Tal weilenden
Großherzog richteten:
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