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Heinz G. Huber
Abb. 9: Der badische
Bundestagsgesandte
und spätere Außenminister
Friedrich
Landolin Karl von
Blittersdorff (1792-
1861) betrieb eine
antikonstitutionelle
und hochkonservative
Politik und war in
weiten Kreisen der
badischen Bevölkerung
verhasst.
Gesandte auf dem Frankfurter Bundestag war 1835 Nachfolger
von Johann von Türckheim als Außenminister geworden und
bestimmte nach dem Tod des Innenministers Winter 1838 und
der rücksichtslosen Verdrängung von dessen Nachfolger Nebe-
nius 1839 die badische Politik. Hinter Blittersdorff standen allerdings
der Deutsche Bund und der österreichische Staatskanzler
Metternich, der mit Argwohn auf die Entwicklungen in den
süddeutschen konstitutionellen Staaten blickte.
Am 28. Juli 1832 wurde in Baden durch eine Regierungsverordnung
das Zensursystem wiederhergestellt. In Freiburg
brachten Studenten und Bürger ihren Unwillen zum Ausdruck,
indem sie auf der Straße lautstark protestierten und Freiheitslieder
sangen. Am 29. August 1832 wurde die Universität für
einige Wochen geschlossen und die beiden Professoren Rotteck
und Welcker, die beide auch der badischen Landtagsopposition
angehörten, entlassen.62 Rottecks „Freisinniger" und der republikanische
„Wächter am Rhein" wurden verboten.
Der Kampf gegen die freie Presse war nur ein Bestandteil des
Versuchs, das konstitutionelle Leben in Baden grundlegend einzuschränken
. Der Berater Metternichs, Friedrich von Gentz, sah
in Europa „den Kampf zweier entgegengesetzter Systeme", das
der „Volkssouveränität" und jenes des „monarchischen Prinzips
".63 Der gelehrige Schüler Metternichs in Baden, von Blittersdorff
, griff 1833 in seinem „Memorandum über die deutschen
Bundesverhältnisse"64 diese Terminologie auf und warnte vor
dem „Prinzip der Volkssouveränität", das „in den Constitutionen
eine das monarchische Prinzip bedrohende Sanction erhalten
" habe und „insbesondere seit der französischen Julirevolution
große Fortschritte gemacht" habe. Gegen diese Tendenz
müsse die Gesetzgebung des Deutschen Bundes „ohne Rücksicht
auf die Constitutionen [...] fortlaufend und streng" vorgehen.
Durch Veränderung des Geschäftsgangs, bessere Koordination,
die Erlassung und Durchsetzung von Maßregeln sollte der Bund
an Schlagkraft gewinnen. Die Regierungen sollten um Rückendeckung
gegen die Landstände beim Deutschen Bund ersuchen.
Der versuchte Anschlag auf den Bundestag, der „Frankfurter
Wachensturm", führte in der ersten Jahreshälfte 1834 zu den
Wiener Ministerialkonferenzen. Metternich beschwor in der
Eröffnungsrede die Gefahr, dass die Parlamente in den konstitutionellen
Staaten ihre Macht auf Kosten .des Staatsoberhauptes
immer mehr ausdehnten: Am Ende werde die Staatsgewalt „in
die Omnipotenz der ständischen Kammern verpflanzt".65
Die gewandelte Einstellung des Großherzogs wurde 1835
sichtbar, als er als Nachfolger des ausgeschiedenen Außenministers
Türckheim den bisherigen Bundestagsgesandten Blit-
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