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Heinz G. Huber
Abb. 10: Zu den
Vorkämpfern um
Freiheitsrechte im
badischen Landtag
gehörte der vom
Lehramt suspendierte
Staatsrechtsprofessor
Karl Theodor Welcker
(1790-1869).
erlebt hatte.72 Trotz der massiven Wahlbeeinflussungen ging
die Opposition gestärkt aus den Wahlen hervor und war mit ca.
25 Mandaten etwas stärker als die Regierungsfraktion (in der
Mitte standen die Unentschiedenen).73 Neu in den Landtag
kam der spätere Revolutionär Friedrich Hecker. Im Unterschied
zu den Wahlen von 1825 zeigte es sich, dass der Wahlkampf
sich auf die Urwahlen verlagert hatte. Der „Quantensprung der
Mobilisierung" bei den Wahlen war in erheblichem Maß auf
die seit 1831 gewonnene Stärke des Liberalismus zurückführen
.74 Die Flugschriften, Zeitungen und Bücher, die über die
Grenzen aus der Schweiz und aus Frankreich eingeschmuggelt
wurden, neutralisierten die im Lande erscheinende zensierte
Presse. Auch hatten sich mit Josef Ficklers Konstanzer „Seeblättern
" und der „Mannheimer Abendzeitung" in Baden Oppositionsblätter
etablieren können.75
Am 23. Mai 1842 war der neue Landtag eröffnet. In Baden
war nach dem liberalen Sieg 1842 überall das politische Leben
erwacht, nach den Wahlkämpfen flauten die politischen Aktivitäten
nicht ab, sondern sie belebten sich noch. Dankadressen
an die zweite Kammer wurden gesammelt, trotz polizeilicher
Verbote wurden lokale Versammlungen abgehalten. Itzstein,
Welcker und Zittel trafen sich in Östringen, Emmendingen
und Eichstetten mit Wahlmännern und Bürgern; die Polizei
griff kaum noch ein.76 Die zweite Kammer und die Öffentlichkeit
waren zu einer Gegenmacht geworden. Blittersdorff war in
Baden die meistgehasste Person. Nach Treitschke habe das Volk
dunkel empfunden, „dass Blittersdorff in der Tat darauf ausging
, die Landesverfassung, nötigenfalls mit Hilfe des Bundes,
umzugestalten".77 In dieser Situation fand 1843 das Verfassungsfest
statt. Aber noch war Blittersdorff an der Macht und
hatte Rückhalt bei Leopold und seinen preußischen und österreichischen
Gesinnungsfreunden im Bundestag.
Itzstein in Bad Griesbach
Mit Johann Adam von Itzstein trat beim Verfassungsfest 1843
in Bad Griesbach nicht nur der größte Widersacher Blitters-
dorffs, sondern auch die populärste Persönlichkeit der Liberalen
als Hauptredner auf. Wie kein anderer verkörperten sein
Leben und sein politisches Wirken den Geist des Konstitutionalismus
. Als Sohn eines kurfürstlichen Geheimrates 1775 in
Mainz geboren, kam er in jungen Jahren mit der Mainzer Republik
und dem Jakobinismus in Berührung.78 Seine Laufbahn
begann er 1799 als Verwaltungsbeamter der Abtei Amorbach.
1809 trat er in großherzoglich-badische Dienste und wurde
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