http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2018/0385
^R4 Heiko Wagner
Die Stammburg der Geroldsecker bestand im 12. Jh. und in
der ersten Hälfte des 13. Jhs. auf dem sog. „Rauhkasten" bei
Seelbach, am Rande des Gengenbacher Klostergebiets. Die dortige
, etwas extrem auf einem schmalen felsigen Bergsporn gelegene
Burg ist sehr viel kleiner und scheint auch nicht über
eine ausgebaute Vorburg verfügt zu haben.
Die ausgedehntere Mörburg erscheint in diesem Lichte
durchaus interessant. Sie bot neben der vielleicht besseren Erreichbarkeit
(das hängt von der Verteilung des jeweiligen, von
der Burg aus zu verwaltenden Besitzes ab) und der größeren zur
Verfügung stehenden Fläche zur Erbauung einer Burg noch
weitere Vorteile. Sie lag nämlich abseits des Klostergebiets von
Gengenbach (das sich 1139 durch Papst Innozenz II. einen Anteil
an der Burg Geroldseck/Rauhkasten bestätigen ließ10) und
bot die Möglichkeit, durch Rodungs- und Trockenlegungsmaßnahmen
sowie durch die Ansiedlung von Bauern im Gebiet um
Schutterwald herum Allod, d. h. freies Eigentum, zu bilden. Die
Mörburg ist damit Ausdruck und Symptom der hochmittelalterlichen
Binnenkolonisation, die man heute vielleicht als
„Nachverdichtung" charakterisieren würde.
Die „Römer-Hypothese"
Die Aussage „Schon die Römer hatten hier in Kastell errichtet
zur Sicherung der Römerstraße, die Kaiser Vespasian durch
seinen Legaten Cornelius Clemens 74 n. Chr. von Straßburg aus
zum Limes hatte erbauen lassen"11 ist jedoch sicher nicht richtig
. Es handelte sich um eine reine Spekulation, die aus verschiedenen
Gründen abzulehnen ist.
Erstens: die genannte Straße verlief zum oberen Neckar und
weiter über die westliche Schwäbische Alb an die obere Donau
und nach Rätien; der Limes bestand in der uns geläufigen Form
zu dieser Zeit noch gar nicht.
Zweitens: die Topographie an der Mörburg ist untypisch für
die Lage eines Kastells. Der genannte Hügel ist erst durch die
mittelalterlichen Baumaßnahmen aufgeworfen worden. Die
eher sumpfige Umgebung verleitete die Römer wohl nicht
dazu, ausgerechnet hier eine Fernstraße durchzuführen. Für
die Anlage von Kastellen wählte man ohnehin eher leicht
erhöhte Positionen, wie an Offenburg, Rammersweier und
Zunsweier gut abzulesen ist.
Drittens: inzwischen ist durch die in den letzten Jahrzehnten
aufgefundenen Kastelle von Zunsweier, Rammersweier und
Offenburg eine Konzentration an Militärlagern am Ausgang
des Kinzigtals erfasst. Es ist derzeit eher fraglich, dass in Schut-
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