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Geschichtslegenden um den Bau der Schwarzwaldbahn
spräche [...]. ;Bewahren Sie uns', ruft eine Petition aus Schonach
der Kammer zu, ,vor diesem Unglück: denn unsere Industrie
und unser bedeutender Handel ist dann ruiniert, weil die
württembergischen Concurrenten alsdann an der Eisenbahn
wohnen, während wir sieben Stunden bis zu solcher hätten/ Ja
nicht über Schramberg', sagt eine andere Petition, ,denn dann
wäre es ganz gefehlt'."13
Johann Georg Schultheiß - ein „Agitator"
Eine der Persönlichkeiten, die sich besonders ins Zeug legten,
war Johann Georg Schultheiß (1809-1872), Unternehmer aus
St. Georgen, genannt „der ewige Student". Mit dem Triberger
Drahtfabrikant Kammerer und dem St. Georgener Uhrenfabrikant
Henninger engagierte er sich für die „Eisenbahnfrage über
den Schwarzwald", mit Petitionen, Zeitungsartikeln, bei Versammlungen
und Verhandlungen, und es hieß später, dass es
wohl seiner „Agitation" „allein zu danken sei, daß es St. Georgen
nicht wie Königsfeld und Mönchweiler erging". 1872 habe
der frühere badische Staatsminister von Roggenbach ihn als
„den Herrn vom Schwarzwald" bezeichnet, „durch dessen Bemühungen
die badische Regierung eine Eisenbahn über den
Schwarzwald baut, die 17 Millionen Gulden kostet".14
Die Schultheiß'sche Diktion rindet sich in einer Petition aus
St. Georgen von 1864: „Jetzt schon bieten die württembergischen
Orte uns in der Uhrenindustrie eine nicht gering anzuschlagende
Konkurrenz, was durch den Bau einer Eisenbahn
dorten sich vervielfältigen würde, und wir dann überflügelt
und zugrunde gerichtet werden müßten [...] Landesbewohner
verdienen doch gewiß dem Ausländer gegenüber eine Berücksichtigung
, und wir geben uns der Hoffnung hin, daß die badische
Linie jener über württembergisches Gebiet vorgezogen
werde."15 Aus Triberg und Nußbach wurde gleichfalls nach
Karlsruhe geschrieben: „Daß unter allen Umständen die badische
Industrie des Schwarzwaldes durch das Verkehrsmittel der
Eisenbahn berücksichtigt werden möge, um nicht im Laufe der
nächsten 10 Jahre, überflügelt von den Anstrengungen des
Nachbarlandes, zu Grunde zu gehen".16
Der Entscheidungsrahmen
Argumente wie „Entwicklung im eigenen Land", „Angst und
Schutz vor ausländischer (württembergischer!) Konkurrenz",
gepaart mit einer gehörigen Portion Landesbewusstsein, konnten
die verantwortlichen Politiker in Karlsruhe nicht unbeein-
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