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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
98. Jahresband.2018
Seite: 456
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A ^ Frauke Klumpp

Das Berufsbild der Wärter und Wärterinnen

Lange Zeit verband man Wärter und Wärterinnen eher mit
Einschließen, Bewachen und Züchtigen als mit Pflegen und
Heilen. Dieses Denken stammt noch aus einer Zeit, in der der
Pflegeberuf keinen Ausbildungsrichtlinien unterlag. Die ungebildeten
, un- oder angelernten Pflegekräfte wurden der Unterschicht
zugeordnet.7 Staatlich anerkannte Ausbildungsstätten
für psychiatrische Krankenpflege wurden erstmals 1962 errichtet
. Es gibt verschiedene Gründe, warum die gesellschaftliche
Stellung der Wärter und Wärterinnen lange Zeit schlecht war.
Zum einen spielten die soziale Herkunft und die fehlende Ausbildung
eine Rolle, zum anderen wirkte sich das geringe Sozialprestige
der Pfleglinge auch auf das Wartpersonal aus. Außerdem
kamen hohe physische und psychische Arbeitsbelastung,
schlechte Bezahlung und ein streng geregeltes Privatleben
hinzu.8 Das Berufsbild des Pflegepersonals änderte sich mit den
neuen Therapievorstellungen Mitte des 19. Jahrhunderts. Dennoch
dauerte es lange, bis die Menschen sich daran gewöhnt
hatten, dass Irrenhäuser zur Heilung und nicht zum Wegsperren
da waren.

Die ersten Wärter und Wärterinnen der Rienau kamen zusammen
mit den Transporten aus Heidelberg. 1844 waren es
insgesamt 58; mit steigender Zahl der Patienten erhöhte sich
auch die Zahl der Wärter: 1864 waren es 90, 1901 waren es 138,
1915 bereits 177 und bei der Auflösung der Rienau 221.9 Bis
1854 überwog die Zahl der männlichen Pfleger, da auch mehr
Pfleglinge in der Anstalt waren; danach waren es mehr Pflegerinnen
. Das Pflegepersonal musste einen guten Willen zeigen,
unbescholten sein und eine gewisse Bildungsfähigkeit haben.
Eine erfahrene Pflegeperson führte in die Aufgaben des Dienstes
ein, ein Arzt vermittelte die erforderlichen medizinischen
Kenntnisse. 1883 wurde der Rollerbau errichtet, der ursprünglich
dazu gedacht war, weibliches Pflegepersonal auszubilden;
da der Platz für die Aufnahme neuer Patienten jedoch zu eng
wurde, wurde daraus der Bau für 15 ruhige und 15 unruhige
Frauen.10

Betrachtet man nun die Personalakten der Rienau, erkennt
man, dass es hohe Austrittsquoten, vor allem bei den Wärterinnen
, gab.11 Ein Grund dafür war die Hausordnung. Wer Wärterin
in der Rienau sein und bleiben wollte, musste auf Ehemann
und Familie verzichten. Wenn sie heiraten wollten, mussten sie
ihren Dienst quittieren beziehungsweise wurden nicht eingestellt
. Wärter konnten dagegen mit Ausnahmegenehmigung
und mit gewissen Auflagen heiraten, eine Familie bekommen


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