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Michael Hauser/Thomas Sommer
Hermann Schulze
Delitzsch
(1808-1883)
Friedrich Wilhelm
Raiffeisen
(1818-1888)
Wilhelm Haas
(1839-1913)
Ansonsten notierte Amtmann Dilger für das 1865: „Vorschußvereine
bestehen keine. Es wäre zu wünschen, die Kreisversammlung
würde diese Anstalten zur Ausführung bringen."
Und auch noch im Bericht über 1867 klagte Dilger: „Vorschußvereine
befinden sich im Bezirke nicht." Die Idee, einen „Vorschußverein
" zu gründen, lag damals allerdings überall in der
Luft, schließlich hatte die größere Nachbarstadt Offenburg
bereits 1864 die Gründung eines solchen Instituts erfolgreich
vollzogen.
Den Hintergrund für diese Genossenschaftliche Bewegung
bildeten die Ideen von Hermann Schulze-Delitzsch, Friedrich
Wilhelm Raiffeisen und Karl Friedrich Wilhelm Haas, die nur
wenige Jahre zuvor formuliert und in ersten Projekten umgesetzt
worden waren. Erste Gedanken waren noch vom Gedanken
der Mildtätigkeit geprägt. Der vor 200 Jahren geborene
Friedrich Wilhelm Raiffeisen (1818-1888) initiierte 1846/1847
den „Weyerbuscher Brodverein". Doch bald erkannte er, dass
die Situation nur auf Basis gemeinschaftlicher Selbsthilfe
grundsätzlich verbessert werden konnte. Herrmann Schulze-
Delitzsch (1808-1883) wandte sich aktiv gegen die Not der
Handwerker und kleinen Betriebe, die mit der Industrialisierung
nicht Schritt halten konnten. 1850 gründete er den „Eilen-
burger Vorschußverein", der auf dem Prinzip der Selbstverwaltung
beruhte. Der Dritte im Bunde der führenden Gründerväter
des deutschen Genossenschaftswesens war der Sozialreformer
Karl Friedrich Wilhelm Haas (1839-1913), der Gründer ländlicher
Waren- und Kreditgenossenschaften. Der Großteil der
ländlichen Genossenschaften (Spar- und Darlehenskassen) beriefen
sich später auf Haas.
Wie es in Achern jener Jahre auf dem Gebiet des Armenwesens
aussah, zeigt ein Blick in die Berichte des Amtmanns: „Da
kann man füglich sagen, da sieht es wie in den meisten Bezirken
arm, sehr arm aus. Altersschwache und kranke Leute erhalten
in der Regel nur so viel, dass sie nebenbei zum Bettel angewiesen
sind."
1867: Noch kein Verständnis für die großartigen
Bewegungen auf dem Gebiet des Genossenschaftswesens!
In diesem Jahr 1867 trat nun Amtmann von Feder die Stelle in
Achern an. Und über seine ersten Erfahrungen schrieb er am
18. Februar 1868 den ersten, sehr aufschlussreichen Bericht für
das Ministerium in Karlsruhe (Originalorthographie): „Bei Erstellung
des nachstehenden Berichts erlaube ich mir einleitend
vorauszuschicken, dass der Unterzeichnete erst vor wenigen
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