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56 Psychische Studien. I. Jahrg. 2. Heft. (Februar 1874.)
Einen freien Zutritt zu einigen mit der Kraft, mit
welcher ich jetzt experimentire, reich begabten Personen
zu erhalten, schliesst weit mehr Gunst des Glückes in sich,
als man bei einem wissenschaftlichen Forscher voraussetzen
sollte» Der Spiritualismus ist unter seinen frömmer gesinnten
Nachfolgern eine Religion. Die Medien, in vielen
Fällen junge Familienglieder, werden mit einer Abgeschlossenheit
und Eifersucht gehütet, welche ein Aussen-
stehender nur schwer durchdringen kann. Da sie ernst und
gewissenhaft an die Wahrheit gewisser Lehren glauben,
welche sie durch die ihnen als wunderbar erscheinenden
Vorfälle verwirklicht erachten, so scheinen sie die Nähe
einer wissenschaftlichen Beobachtung als eine Entweihung
ihres Heiligthums zu betrachten. Es ist mir als eine persönliche
Vergünstigung mehr als einmal gestattet gewesen,
Versammlungen beiwohnen zu dürfen, welche eher den
Anschein einer religiösen Feier, als den einer spiritualisti-
schen Sitzung verriethen. Aber durch Gunst ein- oder
zwei Mal zugelassen zu werden, wie etwa ein Fremder zu
den Eleusinischen Mysterien, oder ein Heide in das Aller-
heiligste eingeführt wurde, ist nicht der Weg, Thatsachen
zu ermitteln und Gesetze zu entdecken. Die Neugier zu
befriedigen, ist ein Ding; auf eine systematische Untersuchung
auszugehen, ist etwas anderes. Ich pflege die
Wahrheit beständig zu suchen. Bei einigen Gelegenheiten
ist mir in der That gestattet gewesen, Prüfungen anzustellen
und Bedingungen aufzuerlegen; aber nur eiß oder zwei
Mal ist mir erlaubt gewesen, die Priesterin von ihrem Altar
zu entführen und in meinem eigenen Hause, von meinen
eigenen Freunden umgeben, mich der Gelegenheit zu erfreuen
, die Phänomene, welche ich sonst unter minder
zwingenden Bedingungen anders wo beobachtet hatte, nun
für mich selbst zu prüfen.*) Meine Beobachtungen über
diese Fälle werden ihren gehörigen Platz in dem Werke
finden, welches ich zu veröffentlichen im Begriff stehe.
Dem bei früheren Gelegenheiten angenommenen Plane
folgend, — einem Plane, der, wie viel er auch die Yor-
urtheile einiger Kritiker verletzte, den Lesern des „Quar-
terly Journal of Science," wie ich zu glauben guten Grund
*) In dieser Abhandlung gebe ich keine Beispiele, und bediene ich
mich keiner Beweisgründe, welche diesen Ausnahmefällen entnommen
sind. Ohne diese Erklärung könnte man denken, dass die unermoss-
liche Anzahl von Thatsachen, die ich angehäuft habe, hauptsächlich
bei den hier erwähnten Gelegenheiten erhalten wurden, und es könnte
sich ganz «natürlich der Einwurf einer ungenügenden Erforschung aus»
Mangel an Zeit erheben.
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