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Dr, Sexton: Wie ich ein Spiritualist wurde
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und noch mehr Denen, welche einige Erfahrung im Spiritualismus
erworben haben, vertraut genug sind. Ich erlebte
viele Fälle von dieser hellsehenden Kraft, und in einigen
derselben hatte ich den Erfolg, durch ihre Vermittelung
sogar Dinge von recht grosser Wichtigkeit an's Licht zu
bringen. Ich fand selbst im Kreise meiner Privat-Freunde
Personen für die Entwickelung dieser Fähigkeit empfänglich
und erhielt einige recht merkwürdige Resultate. Diese
habe ich jetzt nicht Zeit zu beschreiben — noch auch ist
dies thatsächlich die geeignete Gelegenheit hierzu. Eines
Tages werde ich wahrscheinlich all das veröffentlichen, was
ich über diese wunderbaren Phänomene weiss, und den
Schlüssel zu ihrer Lösung geben — der einzigen, wie ich
jetzt überzeugt bin, zwar noch von sehr verachtetem Werthe
— durch geistige Einwirkung; das heisst, durch eine vom
Körper getrennte Einwirkung eines Geistes. Ich sage nicht,
dass der Mesmerismus dasselbe Ding ist wie der Spiritualismus
, sondern dass er ihm nur ausserordentlich analog
und jar sehr denselben Gesetzen unterworfen sei. Der eine
ist psychologischer, der andere spiritueller Natur, worunter
ich veistehe, dass der eine Zustand von einem noch im
Körper befindlichen Geiste, und der andere von einem
entkörperten Geiste erzeugt wird; aber beide beweisen klar
die Immaterialität*) der Seele und dass der Geist unabhängig
von seinen materiellen Organen wirken kann.
Wir wissen aus Erfahrung, dass sehr oft Träume,
welche stattgefunden haben, beim Erwachen gänzlich vergessen
sind, während zuweilen ein geringfügiger Umstand
sie später in Erinnerung zurückrufen wird, und nicht selten
ei wachen wir in der Nacht mit einer ganz deutlichen
Erinnerung eines Traumes, dessen Details wir zu behalten
wünschen; wenn wir jedoch darauf weiter schlafen, verschwindet
die ganze Sache bis auf die blosse Bückerinnerung
, dass wir einen Traum hatten, welcher, als wir das
erste Mal erwachten, höchst lebhaft unserem Geiste eingeprägt
war.
Dr. Macnish, dessen Werk über den Schlaf sehr weit
verbreitet ist, hängt noch an der physiologischen, mit
anderen Worten, materialistischen Theorie des Träumens.
Er sagt: „Ich glaube, dass Träume stets die« Wiedererweckung
oder Wieder - Verkörperung von Gedanken sind,
*) Es wäre sehr zu wünschen, wenn Herr Dr. Sexton sich darüber
näher äussern wollte, wie er die Immaterialität der Seele gegenüber
der von ihr doch so offenbar durchseelten organischen Materie auf-
fasst. Ist die Seele als immateriell selbst organlos?
Die Eedaction.
Psychische Studien. Februar 1874.
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