http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1874/0136
IL Abtheilung.
Theoretisches und Kritisches.
Ueber die Unsterblichkeit der Seele.
Von
G. Teichmüller,
Professor der Philosophie an der Universität zu Dorpat.
(Leipzig, Duncker $ Humblot, 1872.)
Von
Professor Dr. Franz Hoffmann.
(Schluss der Kritik.)
Schelling glaubte aber eigentlich ganz im Sinne J. Böhme's
zu sprechen, wenn er sagte; „dass bei Gott allein das Sein,
und dass daher alles Sein nur das Sein Gottes ist, diesen
Gedanken lässt sich weder die Vernunft noch das Gemüth
rauben; er ist der Gedanke, dem alJe Herzen schlagen;
selbst die starre leblose Philosophie des Spinoza verdankt
jene Gewalt, die sie von jeher (?) auf die Gemüther, und
zwar nicht auf die seichtesten, sondern gerade auf die
religiösen geübt hat, diese Gewalt verdankt sie ganz und
allein jenem Grundgedanken, der in ihr allein (?) sich noch
findet." *)
Allein /. Böhme wollte nur sagen, dass Alles, was Gott
nicht ist, seiner Wesenheit nach von Gott stammt und
Gottes ist, weil es in seiner Macht ist; er wollte aber nicht
sagen, dass Gott allein seiend sei und alles Andere Modifi-
cation Gottes, Wenn eine oder die andere Stelle seiner
Schriften, für sich genommen, so verstanden werden könnte,
so berichtigt sich das aus dem Zusammenhang des Ganzen,
welcher nach Geist und Gemüth auf theistischer Grundlage
ruht. Wäre aber Böhme da oder dort im Ausdruck,
nicht im Gedanken, irre gegangen, so hat doch Baader
seinen Gedanken rein, ungetrübt, ebenso scharfsinnig als
tiefsinnig jede Einseitigkeit vermeidend, und die grössten
Philosophen übertreffend, zum vollkommen angemessenen
Ausdruck gebracht. Seine Schöpfungstheorie stellt sich in
folgenden Sätzen dar:
*) Die Kunst im Zusammenhang der Culturentwickelung oder
die Ideale der Menschheit, von Morüz Carriere V, 573—574.
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1874/0136