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üeber die Unsterblichkeit der Seele.
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„Gott ist der Geist aller Geister und das Wesen aller
Wesen. Alle Individualität ist Untheilbarkeit und zugleich
ünvermischbarkeit. Darum ist Gott als absolutes Individuum
auszeichnungsweise mit der geschaffenen Welt nicht
vermischbar. Wesentlich, vollendet, leibhaft ist die Vollendung
jedes Seins, und wenn ein Wesen produciren will,
so muss es bereits diese erlangt haben. Jedes emanente
Produkt ist daher nicht aus dem Wesen des Producenten,
sondern nur Bild des Producenten, Das Produkt darf nicht
als Transposition oder Eduktion hinweg erklärt werden.
Schöpfung aus Nichts ist Produktion, nicht Eduktion und
nicht Emanation. Gott ist Universalität aller Essenz, ob-
schon die von ihm kommenden Essenzen von seiner Essenz
unterschieden sind. Alle Essenzen kommen oder stammen
von Gott, sind aber nicht seine Essenz. Es findet keine
Homousie zwischen beiden statt. Das unvermittelte Hervorgehenlassen
der Creatur aus Gott macht die Vermengung
beider unvermeidlich. Die Vermittelung des Hervorgangs
ist doppelt, nämlich vermittelt durch die Idee, den Gedanken
als Mitwirker und die executive schaffende Macht als
Energie oder werkzeuglichen Wirker. Die wahre Philosophie
hat ebensosehr den Unterschied des schöpferischen
und des geschöpflichen Thuns im Erkennen, Wollen und
Wirken gegen beider Confundirung festzuhalten, als sie
sich der Trennung beider zu widersetzen hat. Das schöpferische
und das geschöpfliche Thun und Sein absolut trennen,
anstatt es zu unterscheiden, und es zu vermengen, anstatt
es zu einen, heisst Beides leugnen. Die Lehre, welche dem
Absoluten zwar Selbstbewusstsein gibt, jedoch dieses nur
durch das Selbstbewusstsein der endlichen Geister sich verwirklichen
lässt, ist nur eine Folge jenes Fichte'sehen Irrthums
, der die absolute Freiheit des Erkennens als ursprünglich
im nichtabsoluten, creatürlichen Geiste dachte
anstatt im absoluten Geiste, von dem die Freiheit im endlichen
Geiste nur abgeleitet sein kann. Die Vollendung des
aus sich selbst bewussten göttlichen Geistes, welcher als
Subjekt-Objekt ein Erfülltes, Ganzes, Sichgenügendes ist,
wird durch eine natürliche Eingeburt vermittelt. Aber die
Fülle, Totalität des göttlichen Geistes verschliesst sich nicht
neidisch, sondern geht in eine Schöpfung über und aus,
sich frei ausbreitend, gemeinsamend, ihr Sein über Anderes
ausdehnend und dieses Andere in sich befassend.
Der Begriff des absoluten Geistes schliesst daher jenen
der öausalität und zwar ausschliessend ein. Das Ausser-
sichhervorbringen des absoluten Geistes, die Schöpfung des
Psychische Studien. März 1874. 9
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