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222 Psychische Studien. I. Jahrg. 5. Heft. (Mai 1874.)
auch im Stande sei, ungläubige Philosophen gleich uns von
der Wirklichkeit ihrer „spirituellen" Graben durch „physikalische
" Manifestationen der unverkennbarsten Art zu überzeugen
. Unglücklicherweise war jedoch die Ehrenwert he
Miss N— nicht bei grosser Kraft während der Gelegenheit
unseres Besuches; und nichts wollte recht von statten gehen.
Man vermuthete, dass sie durch eine höchst erfolgreiche
Leistung erschöpft sein mochte, welche am vorhergehenden
Abend stattgefunden hotte, und dass die Geister gefragt
werden sollten, ob sie nicht einer Eifiischung bedürfe. Die
Frage wurde von unserem Wirth (nebenbei bemerkt, einem
Weinkaufmann) gestellt, der das Alphabet schnell wiederholte
, bis er zum X gelangte, und dann langsam weiter
ging; der Tisch klopfte bei P. Derselbe Prozess wurde
wiederholt, bis die Buchstaben, welche allmählich angesagt
worden waren, PORT lauteten. Aber diess war noch
nicht genug. Die Geister konnten ja entweder Port oder
Porter verschreiben; und das Alphabet wurde dann
langsam von Anfang an wiederholt und eine längere
Pause bai E gemacht; da der Tisch nicht klopfte, wurde
ein volles Glas Portwein ,,als verordnet" verabreicht. Es
brachte jedoch nicht die erwartete Wirkung hervor; und
mit Ausnahme einer „Manifestation," die wir alsbald unter
einem folgenden Abschnitt bringen werden, war die ganze
Sitzung ein Fehlversuch. Als wir jedoch zufällig unserem
Wirth einige Tage später begegneten, versicherte er uns,
dass er den Grund ihres Mangels an Erfolg in der „Atmosphäre
des Unglaubens" entdeckt habe, den wir mit uns
gebracht hätten; denn kaum hätten wir uns verabschiedet
gehabt, als eine Reihe der wundervollsten Phänomene sich
darstellten, welche, wenn sie in unserer Gegenwart passirt
wären, uns überzeugt haben müssten. Die gleiche Erfahrung
hat sich, wie wir hier sagen können, so häufig
wiederholt, dass wir gezwungen gewesen sind, den Versuch,
durch persönliche Ueberzeugung die AVunder, welche uns
erzählt wurden, prüfen zu wollen, als nutzlos aufzugeben.
Und somit sind wir in unserem fortgesetzten Unglauben
durch das Urtheil der Spiritualisten selbst gerechtfertigt.
Denn „die in spiritualistiscben Cirkeln gesehenen Phänomene
sind," wie Einer von ihnen gesteht, „so ausserordentlich
und so unähnlich denen, welche in das gewöhnliche Gebiet
der menschlichen Erfahrung kommen, dass es ganz recht
ist, sie nicht auf das Zeugniss Anderer hin anzunehmen.
Jedermann sollte sie persönlich in Augenschein nehmen und
prüfen, und nichts glauben, bis die absolute Erkenntniss
gewonnen wird, dass eine Leugnung unmöglich ist."
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