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Die erste Geiatererdcheiuung dos neunzehnten Jahrhunderts. 325
sacheu und zum absoluten Blödsinn gerechnet werden
können, nachdem sich noch ganz andere Männer der Wissenschaft
mit noch weit merkwürdigeren Phänomenen beschäftigt
haben, wie dieses unser Journal nachweist. Und
dass Dr. Wötzel im tiefsten Innern von einen Erlebnissen
überzeugt war, beweist die Widmung seiner Schrift an deu
aufgeklärten Herzog Karl August von Sachsen-Weimar, den
berühmten Freund und Schützer Göthen. Zur Sache selbst
will ich hier einige weitere Bemerkungen nicht unterdrücken
.
Die beiden merkwürdig übereinstimmenden Träume des
Dr. Watzel und seiner Frau, sowie deren ebenso merkwürdige
Erfüllung werden in dem Artikel von Herrn Dieffeu-
back weiter nicht angegriffen und auch nicht als wirklich
oder möglich geläugnet, weil man das nach so vielfältigen
anderweitigen Traumerfahrungen nicht mehr wagen kann.
Das gegenseitige Versprechen Dr. WötzeT§ und seiner
Frau, sich nach ihrem Tode wieder zu erscheinen und Bericht
aus dem Jenseits zu erstatten, ist wohl auch nichts
direct Lächerliches, besonders wenn man bedenkt, wrie wenig
noch unsere heutige fortgeschrittene positive Wissenschaft
über dergleichen Zustände zu berichten wreiss, da sie meist
über das Grab hinaus nichts mehr sieht.
Da bleibt freilich nichts Anderes übrig, als das Baumöl
und den Branntwein ihre lächerliche Rolle mit schielenden
Nebenbeziehungen spielen zu lassen. Wer aber weiss, dass
das Baumöl im Anfang unseres Jahrhunderts als eine vielgepriesene
Arznei galt, welche besonders bei kranken Frauen
und Wöchnerinnen als wirksam in Ruf stand, (von der Arznei
des Branntweins bei Männern zu schweigen,) der wird den
ganz beziehungslosen Bericht der vorletzten Worte der
sterbenden Frau Dr. Wötzel, mit denen sie nach dieser
lindernden Arznei verlangt, schon in etwas richtigerem
Lichte erblicken. Hätte Dr. Wötzel das von seiner Frau
zuletzt getrunkene kleine Quantum Baumöl in seiner physikalischen
Erklärung der späteren Erscheinung seiner Frau
als einen Theil des sie nun als Geist umgebenden, vermeintlich
seelischen Lichtstoffes verwerthet, dann hätte Dr.
Kilian Zebedäm Spitznagel kein n schlechten, sondern einen
guten Witz mit seinem Recepto gemacht. So aber erscheint
sein Witz mit Haaren herbeigezogen. Jedenfalls wird er
wohl die Wirkung manches Achtels Branntwein um sich
selbst erprobt haben, und s< iner aufregenden Wirkung verdankt
er es nun, dass er sogar selbst in der „Gartenlaube"
mit dem gehörigen Quantum Baumöl und Schnaps durchtränkt
, salbungsvoll wiedererscheint Item, es hilft! muss
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