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410 Psychische Studien. I. Jahrg. 9. Heft. (Sept. 1874.)
Wassers dem indischen Prinzen aus Unwissenheit und Uü-
erfahrenheit unmöglich schien - sondern wirklich Unmögliches
enthalten. Und solches ist man allerdings zu leugnen
berechtigt, weil dabei nicht bloss der Obersatz: «.Unmöglichem
kann nicht wirklich worden/* sondern auch der Untersatz:
..dieses berichtete Factum ist unmöglich,*" eintrifft.
Welches ist nun aber das Kriterium, mittelst dessen
man die bloss unmöglich scheinenden von den wirklich
unmöglichen Phänomenen unterscheiden kann? Hieraufkommt
Alles an, um Gewissheit darüber zu erlangen, welchen Berichten
von Wundern gegenüber man zum Unglauben berechtigt
ist, und welchen nicht. David Hirne hält eine Verletzung
der Naturgesetze für das Kriterium der Unmöglichkeit.
Er sagt: ..Ein Wunder ist eine Verletzung der Naturgesetze.
Da nun eine teste und unveränderliche Erscheinung diesen
Gesetzen zum Grunde liegt, so ist der Beweis gegen das
Wunder aus der blossen Natur der Thatsache so stark,
wie irgend ein der Erfahrung entnommener Beweis nur
gedacht werden kann/* (Vergl. die angeführte Uebersetzung
von Kirchmann, S. 105.) x\ber hiergegen hat Alfred Rüssel
Wallace in seiner .,Erwiderung auf die Argumente Humes,
Leckt/s und Anderer gegen Wunder** mit Recht eingewendet:
diese #w//wsche Definition „nimmt an, das«* wir alle Gesetze
der Natur kennen, dass die besondere Wirkung nicht hervorgebracht
werden könnte durch ein unbekanntes Naturgesetz
, welches das Gesetz, das wir kennen, überwindet.
Sie nimmt auch an. dass. wenn ein unsichtbares Wesen
einen Apfel schwebend in der Luft hielte, dieser Vorgang
das Gesetz der Schwerkraft verletzen würde.*' ''Siehe: „Die
wissenschaftliche Ansicht des Uebernatürlichen** u. s. w. von
Alfred Rassel M allace. Leipzig, bei Oswald Mutze, IS7'i, S. 87.)
Auch in seinem Schreiben über die spirituellen Phänomene
an den Herausgeber der Times vom 4. Januar J87<'>
kommt Wallace auf diesen Gedanken zurück, dass fälschlich
von einer Verletzung der Naturgesetze gesprochen werde
bei Erscheinungen, welche nur die Ueberwindung eines
Naturgesetzes durch ein anderes enthalten. Er sagt in
diesem Schreiben (vergl. das angeführte Werk von Wallace,
S. 318): .,Ebenso würde ich nicht erwartet haben, dass
ein Gelehrter als Grund der Nichtprüfung der spirituellen
Phänomene angiebt, ,,weil der Spiritualismus jedem bekannten
Naturgesetze, besonders dem Gesetze der Schwerkraft entgegen
sei", und weil er „die Chemie, die menschliche
Physiologie und die Mechanik offenbar umstösst;" wogegen
die Thatsachen einfach die sind, dass die Phänomene, wenn
sie wahr sind, von einer Ursache oder von Ursachen ab-
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