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Die Theorie der unbewnssten Gehirothätigkeit v. Dr. Carpenter. 51 ,°>
gegenwärtigen Erziehungssysteine die hauptsächlich „prädis-
ponirende Ursache" der spiritualistischen Epidemie bilde.
Und nach dem besten Vergleiche, den wir zwischen dem
Geisteszustände der Klassen, welche am meisten darunter
gelitten haben, und dem jener Klasse, welche am wenigsten
davon berührt wurden, anzustellen im Stande waren,
sind wir zu dem Schlüsse gekommen, dass wenigstens ein
Theil dieser Priidisposition oder Vorneigung von dem
Mangel an frühzeitiger wissenschaftlicher Erziehung
herrührt. Eine solche Erziehung sollte in sich
schliessen: — i) die Erwerbung der Gewohnheit richtiger
Beobachtung der Erscheinungen, welche täglich um uns
stattfinden; 2) die Ausbildung der Gabe einer vernünftigen
Beurtheilung dieser Erscheinungen, so dass man
durch inductives Sehlussverfähren zu den allgemeinen
Gesetzen dringt; 3) das Studium der Methode, die Gültigkeit
solcher Tnductionen durch Experiment zu prüfen;
und 4) die deduetive Anwendung der so gewonnenen
Prinzipien zur Vorhersage der Erscheinungen, die durch
Beobachtung bewahrheitet werden können. AVir reden mit
Kenntniss, wenn wir sagen, dass ein Zehntel der Zeit,
welche in einem gewöhnlichen Schul-Cursus auf das Studium
von Abstractioneu verwendet wird, genügen würde für die
(wenn gehörig geleitete) Ausbildung der Gabe, die Vernunftfähigkeiten
auf objective Wirklichkeiten zu
richten, nicht nur ohne Nachtheil für die anderen Studieu,
sondern auch mit einer offenbaren Verbesserung der Gabe
des Schülers, die wirkliche Bedeutung der Abstractioneu
zu begreifen, welche ihn vorher noch verwirrt hatten. Nun
kommt es unter den rein literarisch Gelehrten vor, deren
Geist selten in etwas Anderem als in Abstraotioneii geübt
worden ist, dass wir solche sieh am bereitwilligsten den
Verführungen des Spiritualismus hingeben sahen; die Unterscheidung
zwischen objectiven Wirklichkeiten und den
Schöpfungen ihrer eigenen Einbildungen wird oft ausserordentlich
schlecht clefinirt; und das von der Wissenschaft
gegenüber dem Mangel an Glaubwürdigkeit dessen, was sie
für den Beweis ihrer eigenen Sinne halten, entgegenbrachte
Zeugniss wird zornig verschmäht. Andererseits sind Diejenigen
, welche entweder durch die Diseiplin einer solchen
frühzeitigen wissenschaftlichen Erziehung, der wir soeben das
"Wort geredet haben, gegangen sind, oder die (gleich Faradaij)
sich derselben in einem späteren Alter noch gewissenhaft
unterzogen haben, gewöhnlieh die letzten Personen, um von
den Täuschungen dieser falschen Wissenschaft ,,in Besitz
genommen" zu werden; oder, wenn sie vielleicht von dei*-
Psychisehe Stivlieu. Novmf»ci 1874, 33
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