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Cox: Schwierigk. u. Zweifel bei Unterstich, d. sog. Geister-Gestalten. 557
erklären, werden sie gewiss bereitwillig aeeeptiren, und mit
dieser uns nach Vernunft und Wissenschaft leitenden Richtschnur
versehen, ersuche ich Sie ruhig und leidenschaftslos mit
mir die Zeugnisse durchzugehen, auf welche hin die erstaunliche
Thatsache über die Incarnation (Verkörperung) von
Geistern behauptet wird, die sich zeigen soll in den Fällen
der sogenannten „Annie Morgan" und »Horence Maples"
Lassen Sie uns zuerst klar begreifen, welches die behauptete
und zu erweisende Thatsache ist.
Es ist die, dass das Medium allein in ein dunkles Zimmer
oder in ein Kabinet oder einen verborgenen Winkel gesetzt
wird, wobei es seine gewöhnlichen Kleider mit seinem nach
der Mode frisirten Haar trägt, indess ein Vorhang zwischen
diesem Zimmer oder verborgenen Winkel und dem Zimmer
sich befindet, wo die Zuschauer auf der anderen Seite des
Vorhangs sitzen, wobei dieses letztere Zimmer genügend
erleuchtet ist, um sie in den Stand zu setzen, deutlich Alles
zu sehen, was da vorgeht. Aber nach mehr oder weniger |
Zeit, die von einer Viertel-bis zu einer halben Stunde vari-
irt, kommt hinter dem Vorhang hervor in das Zimmer, in *
dem die Zuschauer sitzen, eine Gestalt, welche mit einem
weissen Kopfputz und mit einem weissen Kleide, das bis
zu den Füssen herabwallt, angethan ist. Diese Gestalt ist
beinahe, wenn nicht vollständig, ein Ebenbild des Mediums,
welches hinter den Vorhang gesetzt wurde, sowohl nach
Gesicht, als nach Figur und Bewegung. Sie ist kein Phantom,
nicht einmal die Kruste einer menschlichen Gestalt, sondern
ein vollkommener menschlicher Körper, der so weit, als die
Sinne uns zeigen können, die ganze Gestaltung wie die Organe
und Functionen eines Weibes hat. Sie hat Fleisch,
Knochen, Haare, Nägel, Mundspeichel, Blut, Adern, ein
schlagendes Herz und eine ausdünstende Haut. Obendrein
hat sie ein Gehirn und eine Nerven-Structur, welche diesem
Gehirn gehorcht. Und dieses Gehirn ist ein gebildetes Gehirn
, es hat eine englische Erziehung genossen, denn es
unterhält sich auf Englisch. Auch endet das Wunder hier
noch nicht. Es hat Piano spielen gelernt, welches eine
ebenso mechanische als intellectuelle Fertigkeit ist, die nur
durch üebung zu erwerben ist. Diese Gestalt redet die
Sprache unserer eigenen Zeit, spielt und singt, scherzt und
giebt schnelle und treffende Antworten. Dieses Sprechen
schliesst in sich den Besitz des ganzen Apparates, welcher
zu diesem Process nöthig ist; wenn wir sie daher auch nicht
sehen oder befühlen können, so wissen wir doch, dass Lungen
sammt dem complicirten Mechanismus der Luftröhre und
Stimmritze da sein müssen, und dieses bedingt Blut, und
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