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2 Psychische Studien. III. Jahrg. 1. Heft. (Januar 1870.)
grosse Tagesfrage des Spiritualismus — die sogenannte
Materialisation — und constatirt die Wirklichkeit dieser
Thatsache. Einen Bericht Uber experimentelle Prüfung derselben
werden die deutschen Leser in dem Artikel des
Herrn Professors Bnllermv finden, welcher dieselbe That-
saehe constatirt. (Siehe Heft IX der „ Psychischen Studien"
pro J875.)
Die in .Russland durch das Erscheinen des Artikels
des Professors Wagner hervorgebrachte Aufregung ist so
stark gewesen, dass die physikalische Gesellschaft an der
Universität zu St. Petersburg es für ihre Pflicht erachtet
hat. ein Oomite zur wissenschaftlichen Untersuchung der
mediumistibchen Phänomene zu ernennen. Diese Thatsache
ist ebenfalls schon den Lesern unseres Journals bekannt.
Wir erlauben uns gegenwärtig, unsere Ansicht über die
Bedeutung und die Folgen dieses Ereignisses aaszusprechen.
Man kann der Physikalischen Gesellschaft nicht Ehre
going en\ eisen für den Muth, mit dem sie dem öffentlichen
Vorurtheile die Stirn geboten hat, für die Aufmerksamkeit,
welche sie durch diesen Schritt ihrerseits dem Zeugnisse
zweier russischer Gelehrten entgegenbringt. Unglücklicherweise
hat dieser Schritt, vom historischen Gesichtspunkt
aus betrachtet, keine Rechtfertigung. Da der Spiritualismus
in Russland nicht als eine soziale Bewegung existirt,
wie in Amerika und England, so stellt sich das genannte
Oomite als ein iu einer Wüste sitzender Areopag dar. Wir
haben Aufrufe in Russland und im Auslände ergehen lassen
und die Medien eingeladen, sich vor dem Oomite zu stellen»
.Niemand hat diesem Aufrufe entsprochen, und Niemand
wird ihm auch Folge leisten; denn, abgesehen von allen
übrigen Erwägungen, verfügt das Oomite über keine Geldmittel
, um sein Unternehmen zu realisiren. Es hat sich
als Tribunal constituirt und erwartet, dass die Vertheidiger
des Spiritualismus kommen und ihm die Beweise ihrer Uebcr-
zeugung vorbringen: es ist Sache der Letzteren, zu erscheinen
und ihre rechtfertigenden Gründe vorzulegen. Es
ist cliess also eine Vorladung, eine Herausfoiderung im
Namen der Wissenschaft. Die russische Gesellschaft hat
ihr nicht entsprochen. Das Schicksal des Oomite's hängt
also davon ab, ob diese Vorladung von irgend einer individuellen
Initiathe angenommen werden wird, oder nicht.
Wenn nicht, so wird das Oomite gezwungen sein, die Waffen
aus Mangel an Kämpfern niederzulegen. Werden wir sie
aber annehmen, nehmen wir da nicht eine grosse Verantwortlichkeit
auf uns? Wenn wir, von Eifer getrieben, einige
Medien hierher einladen, und wenn diese Medien keine be-
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