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Kurze Notizen.
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Die meisten dieser Männer und Frauen, mit denen man sich
bis in das letzte Jahrhundert hinein soviel zu schaffen
machte, waren weder mit dem Teufel in Verbindung stehende
Verbrecher, wie es die sie verurth eilen den Richter in ihrer
einfältigen Befangenheit annahmen, noch Betrüger, welche
das Publikum hinter das Licht führen und ausbeuten wollten,
wie man es gegenwärtig zu glauben geneigt ist; es waren
vielmehr Verrückte, oder in technischer Beziehung, Hallu-
cinirte, die den Teufel zu sehen, mit ihm zu sprechen,
zum Blocksberge entführt zu werden und dort mit Dämonen
zu tanzen wähnten. Das Alles erzählten sie im besten
Glauben von der AVeit, behaupteten sie unter den Qualen
der Folter und der schmerzhaftesten Todesstrafe; obschon
mit Ketten belastet und in finstern Kerkern eingeschlossen,
betheuerten sie, alle Nächte an ihren gewöhnlichen Versammlungsstätten
zugebracht zu haben. Alles diess war
natürlich nicht wrahr, dennoch aber versicherten sie es
feierlich und starben mit diesen Versicherungen auf den
Lippen. Denn die Visionen hatten für sie jene Realität,
wie sie ähnliche Erscheinungen für alle Geisteskranke zu
haben pflegen. Zauberei und Hexenwesen waren nichts
als eine recht eigentliche permanente Hallucination, die
Jahrhunderte hindurch die Menschheit beherrschte und die
Quelle schwersten Leidens wurde; einmal weil sie die Geisteskräfte
einer so grossen Anzahl von Menschen trübte, und
sodann, weil sie gegen unglückliche Kranke, welche ärztlicher
Behandlung bedurft hätten, die grausamsten Verfolgungen
bis zur Folterkammer und zum Scheiterhaufen hervorrief.
— Der Verfasser dieses Artikels vergisst nur gleich Nippold
in seiner Schrift: „Die neuere Wiederbelebung des Hexenglaubens
etc." über den oben erwähnten scheinbaren Hallucination
en jene bei sog. Zauberern und Hexen auftretenden
anderen Erscheinungen seltsamer Geräusche, Klopflaute,
Herbeibringung ferner Gegenstände, und sonstiger spukhafter
Phänomene, wie sie auch bei neueren Medien von
Personen beobachtet werden, die nichts weniger als hallu-
cinirt sind. Wird er diese auch nur unter die krankhaften
Sinnestäuschungen rechnen?
I) In der „Russischen Revue/4 welche in Moskau
von dem wohlbekannten Publicisteu Herrn Katkof herausgegeben
wird, ist in der Nummer des Monats October 1875
ein neuer Artikel des Herrn Professors Wagner unter dem
Titel: „Ueber die Mediunntät" erschienen. Da dieser
Artikel, der nicht weniger als 80 Seiten umfasst, zu wichtig
ist, als das wir uns darauf beschränken könnten, nur eine
kurze Notiz von ihm zu geben, so erachten wir es für unsere
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