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58 Psychische Studien. III. Jahrg. 2* Heft. (Februar 1876.)
auch als neu bestätigt hinstellen. Andrerseits aber scheint
mir im Verlauf einer neuen Enthüllung verborgener Kräfte
nichts wichtiger, als die Ergebnisse eines und desselben
Beobachters zu verfolgen, weil die individuellen Störungen,
Enthusiasmus (fast undenkbar in diesen Thatsachen),
Mangel an streng wissenschaftlicher Trainirung, Einmischung
religiöser Wallungen etc. nach und nach deutlich hervortreten
und den eigentlichen Bodensatz von Wahrheit
abklären lassen. Wenn ich nun in kalter Selbstprüfung
meine eigene Beobachtungsfähigkeit kritisire, gestehe ich
offen, dass ich gegen einen gewissen Enthusiasmus (den
mir Gott bis zu meinem letzten Hauche erhalten möge!)
auf der Hut sein muss, und wenn mir diese Eigenschaft
auch in meiner eignen, so spirituellen Kunst, der Musik,
auch die Sympathieen aller Kunstgenossen and darunter
Bedeutende gewonnen hat, so weiss ich recht gut, dass
diese Ader unterbunden werden muss, wenn es sich um
strenge Beobachtung handelt. Diess habe ich redlich
von Anfang an gethan, und mit einer gewissen Genugthu-
ung darf ich versichern, dass keine einzige von meinen
mitgetheilten Thatsachen im Geringsten als zweifelhalt angreifbar
ist, sondern vielmehr durch meine unlängst erlebten
Manifestationen bei vollem Licht
das endgültige Siegel aufgeprägt erhielten. Einige Worte
vor Beschreibung dieser mir unvergesslichen Sitzung mögen
zweckmässig sein, die Sachlage besser zu vergegenwärtigen.
Das Einzige, woran die nimmersatte Phantasie eines verstockten
oder fanatischen Zweiflers sich zu klammern pflegt,
ist die erforderliche Dunkelheit bei gewissen Kraftäusserun-
gen. Mag sein, dass der Schöpfer hier wirklich ein Versehen
begangen hat, den Wissbegierigen seine Geheimnisse
nicht gleich derb an die Nase zu binden und z. B. einen
Bürgermeister, auf seinem Tisch sitzend, an hellem Tage
durch die Stadt in der Luft schwebend, die Wunder verkünden
zu lassen! — Mir war diese Einwendung von jeher
widerlich, obschon sie von berühmten Medien, wie Mr. Home
selbst in Schutz genommen wird, wohl mehr in Folge gemeiner
Anschuldigungen, die er erdulden musste, als aus
naturwissenschaftlicher Ueborzeugung. Die Frage an sich
ist freilich eine höchst interessante. Die Bedingung der
Dunkelheit scheint mir weniger wegen feindlicher Einwirkung
des Lichts, als zur Herstellung einer vollständig
egalisirten Umgebung geboten zu sein, um durch Wegschaffung
aller Reizmittel die so nothwendige Passivität
des Geistes zu wahren.
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