http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1876/0080
72 Psychische Studien, III. Jahrg. 2. Heft. (Februar 1876.)
Kinderhändchen, wie ich, sondern eine grosse Hand betasten
konnte.
Herr und Frau Bouvier interessiren sich offenherzig
für die mediumistischen Erscheinungen und stehen nach
ihrer gesellschaftlichen Lage über jedem Verdacht Demnach
muss ich den jungen Bouvier für eines der interessantesten
und begabtesten Medien, die ich je gesehen habe,
erklären. —
Zum Schluss sei noch bemerkt, dass es sehr natürlich
ist, wenn unsere russischen Forscher mit Vorurtheil die
mediumistischen Erscheinungen ansehen: bei uns zu Lande
hatten sie, wegen des Mangels an Medien, wenigstens vorläufig
keine Gelegenheit, die Erscheinungen kennen zu lernen
, und dennoch Hessen sie sich nicht zurückschrecken
und übernahmen, wie man weiss, die Untersuchung me-
diumistischer Erscheinungen, sobald einige ihrer Collegen
in allem Ernste erklärten, diese Erscheinungen wirklich
gesehen zu haben. Die meisten amerikanischen und englischen
Gelehrten stellen aber ein bemerkenswerthes Beispiel
des Vorurtheils und der Verstocktheit dar. Für sie
wäre es ein Leichtes, die Beobachtungen zu machen und
sich de visu von der objektiven Realität der Erscheinungen
zu überzeugen; sie haben starke Media zu jeder Zeit unter
der Hand, und trotzdem, einige löbliche Ausnahmen abgerechnet
, ziehen sie vor, die Existenz der Erscheinungen
zu leugnen oder zu ignoriren und den Worten solcher zu
ihrer eigenen Mitte gehörender Leute, wie Hare, de Morgan,
Wallace, Crookes, Varley etc., keinen Glauben und keine
Aufmerksamkeit zu schenken. In naher Zukunft wird
dieses ihr Verhalten zu einem eclatanten Beispiele davon
werden, was man als wissenschaftliches Vorurtheil
und wissenschaftlichen Aberglauben bezeichnen
könnte. Ich bin mir vollkommen bewusst, dass diese Worte
eigentlich nicht zusammen gehören können; das Adjectivum
„wissenschaftlich" bezieht sich aber hier nicht auf die
wahre Wissenschaft selbst, welche kein Vorurtheil und
keinen Aberglauben kennt, sondern nur auf die Männer,
die einerseits zu den wissenschaftlichen Reihen gehören,
andererseits aber höchst unwissenschaftlich verfahren, indem
sie der menschlichen Erkenntniss durch Nichtwissenwollen
dienen zu können glauben.
Möchten doch bald die Schuppen von ihren Augen
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1876/0080